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Empathie zeigen, Verantwortung übernehmen, improvisieren: Das müssen gute Väter können. Gute Führungskräfte auch.

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Elternschaft ist ein anstrengendes, aber unglaublich bereicherndes Erlebnis, bei dem viele das Gefühl haben, dass es sie in ihren Grundfesten erschüttert. Ein Lebensereignis, das die eigene Welt auf den Kopf stellt, einen persönlich aber auch reifen lässt. Das gilt für Mütter, aber auch für Väter, wie die Forschung feststellte.

Bernhard Stellner, Führungskraft im Handel und selbst Vater von zwei Kindern, hat das auch so erlebt und stellte sich die Frage: Wenn Vaterschaft einen innerlich so verändert, wie wirkt sie sich dann auf die Fähigkeiten im Job aus?

Zwei Welten

Die Familie und der Beruf sind wie zwei Welten, in denen ganz andere Ansprüche an Männer gestellt werden: In der einen geht es darum, sensibel zu sein und Gefühle zu zeigen, in der anderen, seine Emotionen weitgehend im Griff zu haben. Gleichzeitig gibt es Fähigkeiten, die in beiden Bereichen gefordert sind, etwa sich in andere einzufühlen, sich um sie zu kümmern und sie zu motivieren, Verantwortung zu übernehmen oder gut improvisieren zu können.

Für seine Dissertation interviewte Stellner 157 Manager per Online-Fragebogen, die Ergebnisse wurden im International Journal of Organizational Leadership veröffentlicht. Sie zeigen, dass sich bei den Teilnehmern 14 von 15 Elementen von Führungsverhalten signifikant verbesserten – zumindest in der Eigenwahrnehmung der Männer.

Am allerstärksten verbesserten sich die Wahrnehmung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, ihre Unterstützung und Förderung. Zum Beispiel sagen die Befragten über sich, dass sie durchs Vaterwerden einen besseren Blick für die Bedürfnisse anderer entwickelt haben. "Sie interessieren sich nun mehr für persönliche Anliegen, insbesondere in stressigen Zeiten."

Auch das Weiterkommen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sei den Führungskräften ein größeres Anliegen geworden. Das erklärt sich der Studienautor dadurch, "dass man auch das eigene Kind ständig coachen", in seinen Entwicklungsschritten unterstützen muss. Man ermutigt es, gibt ihm Stück für Stück mehr Verantwortung.

Keine Verbesserung, sondern eine leichte Verschlechterung war allerdings im Bereich Netzwerken festzustellen. "Ich führe das auf weniger zeitliche Verfügbarkeit und geänderte Prioritäten zurück", erklärt Stellner. So haben Familienväter vielleicht weniger Lust, sich nach der Arbeit noch bei einem Drink mit Kollegen auszutauschen – und bringen lieber zu Hause ihre Kinder ins Bett.

Seine Forschung sei "ein ganz starker Hinweis darauf, dass selbst männliche Manager nicht zwischen Beruf und Familie entscheiden sollten, sondern sich diese Bereiche sehr wohl gut ergänzen können", so der Studienautor. Es ist also ein Vorteil und nicht – wie immer noch oft angenommen – ein Nachteil, wenn jemand ein engagierter Vater ist.

Männer dazu zu ermutigen sei daher empfehlenswert. Unternehmen sollten ihren Mitarbeitern beim Papamonat und der Karenz keine Steine in den Weg legen. "Wenn ich so eine Kultur lebe, signalisiere ich auch, dass Familie nachteilig für die Karriere ist. Aber wie man sieht, ist genau das Gegenteil der Fall."

Mehr ist nicht besser

Was in puncto Job und Kinder aber nicht gelte, sei die Weisheit "Je mehr, desto besser". "Kinder haben sehr wohl einen positiven Effekt, aber die Dosis macht es aus." Das bedeutet: Durch ein oder zwei Kinder verbessert sich der Führungsstil, durch noch mehr Kinder verstärkt sich dieser Effekt nicht. "Die Schlussfolgerung sollte also nicht lauten: Manager dieser Welt, bekommt mehr Kinder."

Um festzustellen, ob die Selbst- auch der Fremdwahrnehmung entspricht, hat Stellner auch 139 Mitarbeiter befragt, deren Chefs kürzlich Vater geworden sind. Sie bewerten ihre Vorgesetzten zwar kritischer, die Ergebnisse gehen aber in dieselbe Richtung. Die Familienväter werden vor allem als unterstützender wahrgenommen. (Lisa Breit, 14.12.2021)