Verlegerin Maria Teuchmann fordert finanzielle Stützen.

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Bühnenverlage leben von gewinnorientierter Vergütung. Durchschnittlich 14 Prozent pro Eintrittskarte gehen an die Verlage. Durch Schließtage und Veranstaltungsverbote sind diese in den beiden Pandemiejahren massiv in die Bredouille geraten. In einem offenen Brief des österreichischen Bühnenverlegerverbandes – gemeinsam mit der Musikverlegerunion und der IG Autorinnen Autoren – wird der Umsatzverlust mit bisher 28 Millionen Euro beziffert.

STANDARD: Bereits vor einem Jahr haben Bühnen- und Musikverlage Alarm geschlagen. Warum ist die Lage weiterhin so prekär?

Teuchmann: Wir haben Hilfen bekommen, um Einbußen auszugleichen, aber uns fehlt eine finanzielle Stütze für den laufenden Betrieb. Wir rangieren im Wirtschaftsministerium, was unserem Selbstverständnis als Unternehmerinnen entspricht, sollten aber aufgrund des Aufgabengebiets auch vom Kulturministerium als förderwürdig erachtet werden. Buchverlage werden gefördert, Bühnenverlage nicht. Das empfinden wir als ungerecht. Unsere Betriebe sind so beschädigt, dass wir unsere verlegerische Arbeit derzeit nicht machen können: Autoren und Komponistinnen vertreten, Datenbanken fitmachen, Produktionen im In- und Ausland anregen und begleiten.

STANDARD: Warum reichen Kurzarbeit, Fixkostenzuschuss nicht aus?

Teuchmann: Wir sind durch die Kurzarbeit gehindert, unsere verlegerische Arbeit auszuführen, denn die bleibt ja zu hundert Prozent, auch wenn es Schließtage gibt. Mit unserer reduzierten Arbeitskraft sollten wir dennoch Promotion machen, Autorinnen vermitteln etc. Wir sollten mit voller Kraft voraus, aber durch die drastisch reduzierten Mittel ist das Gegenteil der Fall.

STANDARD: Sie müssen prospektiv arbeiten, sitzen aber im Budgetloch?

Teuchmann: Genau. Auch die Gespräche mit den Direktionen oder Konzerthäusern sind ins Stocken geraten, weil es so schwierig geworden ist, über Zukunft zu sprechen. In normalen Zeiten reden wir, wenn es um Verträge und Lizenzabschlüsse geht, über die zumindest nächste und übernächste Spielzeit. Anders gesagt, die Arbeit bleibt für uns gleich, auch wenn die Theater nur zu 25 Prozent voll sind. Wir haben das Ministerium um fünf Millionen Euro pro Jahr gebeten, damit auch wir – ähnlich wie die Buchverlage – einen Puffer haben.

STANDARD: Diese Forderung ist aus dem Jahr 2020 – versandet?

Teuchmann: Ja, es gibt darüber keinen Dialog.

STANDARD: In Deutschland haben Bühnen- und Musikverlage im Rahmen des Programms "Neustart Kultur" fünf Millionen Euro bekommen. Funktioniert es dort besser?

Teuchmann: Ich höre nur, dass es auch in Deutschland nicht so gut läuft. Die Hilfen waren scheinbar nicht ausreichend.

STANDARD: Was fordern Sie nun?

Teuchmann: Wir fordern weiterhin diese fünf Millionen Euro pro Jahr. Das Geld könnte über die Verwertungsgesellschaften verteilt werden, die die jeweilige Unternehmenssituation sehr gut kennen.

STANDARD: Gibt es Unterschiede zwischen den Verlagen?

Teuchmann: Besonders hart getroffen sind Musikverlage, die keine Corona-Gelder bekamen, weil Auszahlungen aus Vorperioden Umsatzeinbrüche kaschiert haben. Das betrifft insbesondere die Rechteabgeltung vonseiten ausländischer Partner. Wir vom Thomas-Sessler-Verlag konnten wenigsten noch Filmrechte geltend machen.

STANDARD: Der offene Brief enthält dramatische Formulierungen wie "vor dem Ende"? Was wäre denn das Szenario, wenn es so bleibt?

Teuchmann: Verlage würden sich auflösen, vor allem Musikverlage. Durch die Schließung von Lokalen, aber auch – zum Beispiel – die vielen abgesagten Blasmusikkonzerte, die auch über die AKM abgegolten werden, sind für sie gravierende Verluste entstanden. Ich habe von einer Kollegin aus diesem Bereich gehört, dass nur zehn Prozent im Vergleich zu einem normalen Jahr ausbezahlt wurden.

STANDARD: Wie hat die Politik auf Ihren offenen Brief reagiert?

Teuchmann: Es gab keine Reaktion. Vor einigen Monaten gab es bereits Gespräche, aber sie sind irgendwann abgebrochen.

STANDARD: Was müsste geschehen, damit Sie den Betrieb aufrechterhalten können?

Teuchmann: Es wird ohne Subvention nicht gehen. Selbst wenn es keine verordneten Schließtage mehr geben sollte, wird es ein Kulturleben wie vor der Pandemie nicht mehr geben. Wir sind also auch in Zukunft mit gedrosselten Umsätzen konfrontiert – vom bereits bestehenden Finanzloch ganz zu schweigen. Sollten etwa Privattheater in Deutschland schließen, was manche befürchten, dann wird es schlagartig nochmals enger. Unsere Tantiemen beziehen wir überdies nicht nur von Institutionen, sondern auch von vielen Einzelkünstlern, von denen viele inzwischen ihren Beruf nicht mehr ausüben oder umgeschult haben. (Margarete Affenzeller, 16.12.2021)