STANDARD: 222.155 Pkw-Gesamtneuzulassungen bis November (2020: 224.968), das ist weit entfernt vom Vor-Corona-Niveau. Mit Rang neun und einem Minus von 16,2 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum trifft es Renault besonders hart – warum?

Schmidt: Im Markenranking ist Renault gefallen. Aber wir haben uns heuer wirklich konzentriert auf Privatkunden. Und dort ist Renault – mit Dacia – auf Rang zwei, bei elf Prozent Marktanteil. Auf der anderen Seite haben wir punktuell Großkunden depriorisieren müssen, wegen der Lieferfristen. Auch im Interesse der Händler mussten wir uns auf Profitabilität konzentrieren. Und im Hintergrund schreiben wir mehr Kaufverträge. Auch wenn die Zahl auf dem Papier nicht schön aussieht, ist es für uns ein erfolgreiches Jahr.

Dacia Spring, Elektropreisbrecher aus China. Laut Hersteller ein sicheres Auto, sonst wäre er nicht homologiert, priorisiert aber vor allem das Preis-Leistungs-Verhältnis.
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STANDARD: Welchen Anteil am Einbruch hat die Halbleiterkrise?

Schmidt: Wir haben die Halbleiterkrise vor einem Jahr so noch nicht gesehen, sie hat den schlimmsten Impact gehabt, für die gesamte Branche. Wir sehen den Markt heuer Ende des Jahres auf 240.000, 10.000 hinter dem Vorjahr! Andererseits: Die Nachfrage ist ja da, sodass wir 280.000 hätten hinkriegen können.

STANDARD: Experten zufolge wird 2022 noch keine Entspannung bringen.

Schmidt: Im ersten Halbjahr definitiv. Wir hoffen, dass es in der zweiten Jahreshälfte ein bisschen Entspannung gibt – und in einem Jahr sollten wir das im Griff haben.

STANDARD: Wie hat sich das Kundenverhalten durch Corona verändert?

Schmidt: Auch ohne Pandemie hat das Onlinegeschäft an Fahrt aufgenommen – bei Kunden, die nur auf den Preis schauen. Durch die Pandemie hat sich deren Profil in dem Sinn verändert, dass die sagen: Ich kann auch online eine gute Beratung haben, über Videochat etc. Jeder Hersteller, jeder Händler benötigt hier eine schlüssige Strategie.

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STANDARD: Politische Rahmenbedingungen: Es herrscht eine zunehmend autokritische Stimmung. Wenn Sie drei Wünsche an die Politik frei hätten: Welche wären das?

Schmidt: (lacht) Die vier Jahre Haltefrist bei Elektrofahrzeugen, die versteh ich nicht. Schade, wenn man die E-Mobilität so ein Stück weit ausbremst, es ist auch nicht fair gegenüber den Kunden. Haltefristverkürzung also würde ich mir wünschen. Für Gewerbekunden: mehr Konstanz und Weitblick. Ein Commitment, was Fördertöpfe angeht, um mittel- bis langfristig planen zu können. Und klar, der Klassiker: höhere Fördersummen im Privatbereich. Deutschland zum Beispiel hat kurze Haltefristen und höhere Förderungen.

STANDARD: Der Renault Zoe hat zuletzt ganz schlechte Zensuren beim Euro-NCAP-Crashtest erhalten, der aus China stammende Dacia Spring ebenfalls. Wie gehen Sie damit um?

Schmidt: Beim Zoe hat das eine längere Vorgeschichte. 2013 hat er die fünf Sterne bekommen, seitdem wurde das Protokoll fünfmal verschärft. In seinem langen Lebenszyklus konnte man nicht jede Änderung mitgehen. Die schlechte Gesamtbewertung lag vor allem am fehlenden automatischen Notbremsassistenten der getesteten Basisversion. Wir stehen aber voll hinter der Sicherheit des Fahrzeugs.

STANDARD: Und der Spring?

Schmidt: Wir wollen mit Dacia kompromisslos Preis-Leistung. Das hat die Marke stark gemacht. Provokant formuliert: Wir jagen nicht nach den NCAP-Sternen bei Dacia. Aber auch da ist uns wichtig zu sagen: Das Fahrzeug ist sicher. Sonst wäre es nicht homologiert.

STANDARD: Prognosen und Ziele für 2022, Gesamtmarkt und Renault?

Schmidt: Um die 290.000, 300.000 Pkw. Alle Hersteller haben aufgrund der Halbleiterkrise derzeit ein hohes Kundenportfolio, viel höher als sonst, die Auftragsbücher sind voll. Marktanteil: Unsere Ambition ist es, auch 2022 acht Prozent Marktanteil mit unseren Händlern zu erreichen.

STANDARD: Der Diesel ist von zuletzt 37 Prozent Marktanteil bei Neuzulassungen auf 24,2 Prozent eingebrochen, Elektro legte von 5,6 auf 13,5 Prozent zu auf knapp 30.000 Stück, Plug-in-Hybrid von 6.503 auf 13.625. Wie stellt sich der Trend bei Renault dar?

Schmidt: Ganz ähnlich. Elektro, Plug-in- und Vollhybrid, da sind wir in der Planung 2022 bei 40 Prozent. Davon rein elektrisch 23 Prozent. Wir haben ja ein Wahnsinnshighlight in der Pipeline, den Mégane E-Tech Electric. Der wird das Segment revolutionieren.

STANDARD: Welche Neuheiten sind sonst noch zu erwarten?

Schmidt: Das SUV-Coupé Arkana ist bereits eingeführt, der hat einen Nerv getroffen. Dann kommt der Kadjar-Nachfolger Austral und bei Dacia der Jogger. Bei Nutzfahrzeugen unter anderem der neue Kangoo Electric. Wir sind breit aufgestellt.

STANDARD: Renault-Chef Luca de Meo hat zu Jahresanfang den Fünfjahresplan "Renaulution" angekündigt, eine tiefgreifende Transformation des Geschäftsmodells. Was davon wird ab wann in Österreich umgesetzt?

Schmidt: Die "Renaulution" hat als einen Kernpunkt die Rückeroberung des C-Segments, und da sind wir mit dem Arkana stark eingestiegen. Der Mégane E-Tech Electric wird in diesem Segment im Elektrobereich für Furore sorgen. Und im Rahmen der neuen "Mobilize"-Brand gehen wir Kapitel wie Ladeinfrastruktur, Carsharing, Service, Energie- und Datenmanagement an, auf breiter Front. Die Dienste kommen sukzessive ab 2022 nach Österreich.

Mobilize Limo, für Taxidienstleister à la Uber. Wird man nicht kaufen, sondern nur vom Hersteller leasen können. Das Konzept landet vermutlich 2023 auch in Österreich.
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STANDARD: "Erschließung neuer Fahrzeugsegmente": Was darf man sich darunter vorstellen?

Schmidt: Wir haben für die nächsten drei Jahre ein Feuerwerk an Neuheiten, darunter den Elektro-R5 als Mega-Highlight. Mehr kann ich noch nicht verraten, aber es wird für alle Kunden das Richtige dabei sein. Und ab 2030 wird es dann zu 90 Prozent rein elektrisch bei uns. (Andreas Stockinger, 21.12.2021)

Zur Modelloffensive der kommenden Jahre zählt auch die Wiedergeburt des legendären Renault 5 als Elektromobil. 2024 soll es so weit sein.
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