Der Corona-Expertenrat der deutschen Bundesregierung warnt eindringlich vor der neuen Qualität der Pandemie: Die Verdopplungszeit der Omikron-Inzidenz sei deutlich kürzer als bei allen bisherigen Varianten. Sollte sich die Ausbreitung der neuen Virusvariante so fortsetzen, wäre bald ein relevanter Teil der Bevölkerung gleichzeitig erkrankt – und in Quarantäne. Davon wäre das Gesundheitssystem, aber auch die gesamte kritische Infrastruktur betroffen.

Das könnte laut Prognosen des Rates sogar zu einer gefährlichen Einschränkung der zentralen Infrastruktur des Landes führen: Krankenhäuser, Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst, Telekommunikation, Strom- und Wasserversorgung sowie die dazugehörige Logistik würden in Mitleidenschaft gezogen und im Worst Case zum Teil ausfallen.

So weit die vom Expertenrat der deutschen Regierung skizzierte akute Bedrohung. Die Koalition in Österreich ist erst noch am Analysieren und will nicht beunruhigen.

Omikron ist im Anmarsch, die österreichische Regierung analysiert und will nicht beunruhigen.
Foto: Walter Müller

Dazu kommt, und das wird in den Überlegungen zur Pandemiebekämpfung noch immer kaum mitbedacht, dass diese Krise nicht allein als medizinische Gefahr behandelt werden kann. Sie hat alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens befallen. Das bedeutet, dass sie nicht mehr nur aus gesundheitspolitischer Sicht bewertet werden kann, sondern viel breiter begriffen werden muss. Das führt zur Frage: Was macht die Pandemie mit der Gesellschaft?

Es müssen die ökonomischen, die soziologischen, die psychologischen Effekte mitbedacht werden. Deshalb greift auch der neue österreichische Krisenstab mit einem Militär an der Spitze zu kurz. Es müssen ebenso Ökonomen, die Industrie, Volkswirte, Soziologen und Psychologen – also jene, die mittelfristig die gesellschaftlichen, aber auch die individuellen psychischen Auswirkungen der Pandemie bemessen können – einbezogen werden. Der Kreis der fachlichen Kompetenzen muss entsprechend verbreitert werden.

Wie dringlich eine Adaptierung des hiesigen Krisenstabs ist, darauf weist das Szenario der deutschen Experten hin. Wenn tatsächlich demnächst die kritische Infrastruktur bedroht ist, wenn womöglich die Energie- und Wasserversorgung beeinträchtigt wird, muss umgehend gehandelt werden.

Letztlich geht es aber darum, endlich alle Ebenen und Nischen der Gesellschaft, die von der Pandemie betroffen sind, präzise auszuleuchten, um adäquat mit Expertise und Professionalität reagieren zu können. (Walter Müller, 20.12.2021)