Innenminister Gerhard Karner, Justizministerin Alma Zadić und Frauenministerin Susanne Raab präsentierten eine App.

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Die Regierung – namentlich Innenminister Gerhard Karner (ÖVP), Justizministerin Alma Zadić (Grüne) und Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) – hat am Dienstag weitere Schritte präsentiert, die sie gegen Gewalt an Frauen setzen will. Der unmittelbarste davon ist eine App, die es Frauen ab 1. März erleichtern soll, sich Hilfe zu holen. Unterstützungsangebote sollen auch besser finanziert werden, dazu sind Studien und Evaluierungen geplant.

Dass Handlungsbedarf besteht, verdeutlichte Johannes Klotz, Data-Scientist beim Meinungsforschungsinstitut OGM. In einer Analyse zu häuslicher Gewalt habe man während der Pandemie weitere Anstiege entdeckt: So hätten im Jahr 2021 sechs Prozent der Befragten mehr häusliche Gewalt in ihrem Umfeld mitbekommen, 60 Prozent vermuten, dass die Gewalt angestiegen sei. Zum Vergleich: 2020 waren das vier beziehungsweise 34 Prozent. Die Zahl jener, denen ein konkreter Fall häuslicher Gewalt bekannt war, stieg von vier auf sieben Prozent. Die Polizei wurde allerdings seltener verständigt: in 26 statt 53 Prozent der Fälle.

App, Geld und Prävention

Der Minister und die beiden Ministerinnen sprachen daher über die kommenden Vorhaben in ihren jeweiligen Ressorts. Im Innenministerium, so sagte Karner, wolle man am 1. März die Notruf-App auf den Markt bringen. Die funktioniere so: Eine Frau könne sich die App herunterladen, sich dort mit ihrer Wohnadresse registrieren und dann im Fall einer Gefahrensituationen einen stillen Alarm auslösen. Die Polizei würde dann – ohne vorher noch einmal anzurufen – ausrücken.

Außerdem wolle man das Prinzip der Unterstützungsbeamten und -beamtinnen ausweiten. Diese gibt es seit 1. Juli 2021 in Wien und soll es ab heuer bundesweit geben. Die geschulten Beamten und Beamtinnen sitzen an einer Hotline und sind dann erreichbar, wenn Polizisten und Polizistinnen vor Ort beim Einsatz Hilfe in Fällen von Gewalt in der Privatsphäre brauchen. Abgesehen davon wolle man das Gewaltschutzgesetz evaluieren.

Verpflichtende Täterarbeit

Im Justizministerium plant man, ab 1. Juli auch schon während einer einstweiligen Verfügung einen potenziellen Täter zu einer 16-stündigen Gewaltprävention zu verpflichten. Diese sollen laut Zadić Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen durchführen. Sobald der Bund das anordne, übernehme er auch die Kosten. Außerdem wolle man prüfen, ob man sogenannte Gewaltambulanzen in ganz Österreich etablieren könne – dazu soll Ende des Jahres eine Studie vorliegen. In diesen Gewaltambulanzen sollen Opfer häuslicher Gewalt so rasch wie möglich untersucht werden, damit Beweise gesichert werden können. Ohne Konkretisierung sprach Zadić außerdem von einer Aufstockung des Budgets im Kampf gegen Gewalt an Frauen.

Ähnlich lauten die Pläne im Familienministerium: Die Fachberatungsstellen für sexuelle Gewalt gegen Frauen sollen laut Raab finanziell gestärkt werden, konkret im Burgenland, Kärnten, Niederösterreich und Vorarlberg. Raab sprach außerdem von einer neuen Koordinierungsstelle gegen weibliche Genitalverstümmelung, diese soll neues Personal bekommen.

26 Tötungsdelikte im Vorjahr

Allein im Jahr 2021 wurden in Österreich 26 Frauen getötet. Fälle wie diese müsse man beim Namen nennen, sagte Innenminister Karner: "Mörder bleibt Mörder." Er klammerte damit genauso wie Zadić und Raab aus, dass viele dieser Tötungsdelikte noch nicht vor Gericht fertigverhandelt wurden und damit die Bezeichnung "Mord" potenziell klagbar ist.

In nur einem dieser Tötungsdelikte war laut Karner vorab ein Betretungs- oder Annäherungsverbot verhängt worden. Opferschutzeinrichtungen weisen seit Jahren auf Probleme hin: Diese seien finanzieller Natur. Viele betroffene Frauen hätten aber auch Hemmungen, sich bei bereits erfolgter oder angedrohter Gewalt Hilfe zu suchen. (agr, elas, 8.2.2022)