Wie viele Leute bei der Kundgebung waren, stand Samstagabend noch nicht fest, klar ist: Es waren mehrere Tausende.

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Vor dem Wiener Museumsquartier läuft ein junger Mann. Er trägt einen gelben und einen blauen Socken und deutet einem anderen Mann den Weg – am Oberarm eine Armbinde, ebenfalls blau und gelb. Um Punkt 15 Uhr stehen bereits ein paar hundert Menschen – und damit deutlich mehr als die 300, mit denen man gerechnet hatte – am Platz der Menschenrechte.

"Stop Putin", "Fuck Putin" und "Slava Ukraini" – "Ehre der Ukraine" – schreien sie, auf den Schildern sind Bilder von Putin am Galgen, Putin als Hitler, und das Peace-Zeichen. Unter der Parole "Stop Putin's War" sind die Leute hier zusammengekommen, um sich mit der Ukraine solidarisch zu zeigen.

In dem Moment kommt von der Getreidegasse ein Demozug, der zuvor bei der russischen Botschaft wegmarschiert war. Auch da: Ukraine-Flaggen, blau-gelb bemalte Schilder, Shirts und Masken. Innerhalb weniger Minuten ist der Platz bummvoll. Irgendwo in der Menge steht ein Reporter des ORF und sagt in die Kamera, er glaube, dass wohl zwei-, drei-, viertausend Menschen da sind.

Demonstrierende fordern härtere Konsequenzen

Die Aufmerksamkeit ist aber auf eine kleine freie Fläche in der Mitte gerichtet, wo eine Ukrainerin schreit: "Das hätte nicht passieren dürfen." Der Krieg in der Ukraine habe nicht vor drei Tagen begonnen, sondern 2013, als die Ukraine sich europäischen Werten verpflichtet hatte. "Die Menschen in der Ukraine sterben für europäische Werte", schreit sie, und ruft in Richtung Politik: "Ich will hören, welche Sanktionen nun gemacht werden."

Und die Politik ist da. Zumindest einzelne Vertreterinnen und Vertreter. Den Auftakt macht Wiens Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos). Er verspricht, dass Wien hinter der Ukraine stehe. Sein Vater sei aus Ungarn vor den Russen geflohen, nun müssten Ukrainer und Ukrainerinnen vor den Russen fliehen, und mit den Fliehenden werde man solidarisch sein, sagt Wiederkehr.

"Ganz Wien steht hinter der Ukraine. Dieser Angriffskrieg von Russland auf die Ukraine ist unvorstellbar und schwer zu ertragen", sagte der Wiener Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos).
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Nach ihm sprechen noch weitere Neos-Vertreter. Der Abgeordnete Helmut Brandstätter betont, man habe einen Antrag eingebracht, Russland von Swift auszuschließen – was die Menge mit Jubel quittiert – und der sei, ungewöhnlich für einen Oppositionsantrag, angenommen worden. Parteikollege Yannick Shetty sagt später: "Putin kennt nur Gewalt, wir müssen mit gewaltigen Sanktionen antworten."

Von der SPÖ ist Abgeordneter Harald Troch bei der Kundgebung. "Der nächste Schritt muss sein, Putin zu isolieren, den Druck massiv zu erhöhen", sagt er, und: "Österreich darf die Aufnahme von Flüchtlingen nicht verweigern, so wie sie die Kinder in Moria im Dreck liegen gelassen hat."

Regierung ohne klare weitere Schritte

Wohl ein direkter Blick in Richtung der Regierungsparteien. Auch die sind anwesend: "Freiheit, Frieden für die Ukraine", ruft da etwa Ewa Ernst-Dziedzic in das Mikrofon. Ihr Parteikollege Michel Reimon sagt, Putin habe Europa seit Jahrzehnten unterwandert. Sanktionen müsse man nun hart durchsetzen, wenn nötig über Jahre und "auch, wenn man sich gegen die Wirtschaftskammer und die Industriellenvereinigung durchsetzen muss".

In emotionalen Reden erklärten Aktivistinnen und Aktivisten der ukrainischen Diaspora in Wien mit Tränen in den Augen, dass die Ukrainer sich nie mit einer russischen Besetzung ihrer Heimat abfinden würden.
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ÖVP-Vertreter Martin Engelberg sagt: Putin breche internationales Recht und internationale Verträge und trete Menschenrechte mit Füßen. Er spricht außerdem von einer unglaublichen Geschlossenheit der österreichischen Politik, die der russische Aggressionskrieg bewirkt habe. Wobei: Eine Partei ist nicht anwesend. Die FPÖ rief zwar auf ihrer Website zur Anti-Corona-Maßnahmen-Demo an, die unweit entfernt stattfindet, war bei der Kundgebung für die Ukraine allerdings nicht zugegen.

Auch in anderen Teilen Österreichs wurde am Samstag die Solidarität zur Ukraine auf der Straße gezeigt: Am Grazer Hauptplatz fanden sich laut Polizei bis zu 500 Menschen zusammen, auf dem Linzer Hauptplatz waren es laut Polizei 900. In Wien ruft eine junge Frau ins Mikrofon: Man werde nun jeden Tag hier stehen, bis Frieden in der Ukraine herrsche. (elas, APA, 26.2.2022)