Der Krieg in Europa wird auch auf der Immobilienmesse an der Côte d’Azur zentrales Gesprächsthema sein.

Foto: SEBASTIEN d'HALLOY - IMAGE&CO

Alles wäre angerichtet gewesen für die furiose Wiederauferstehung der Mipim: Die internationale Immobilienmesse im südfranzösischen Cannes musste 2020 abgesagt werden, wurde dann stark abgespeckt im Herbst in Paris durchgeführt. Auch 2021 stand Corona der Messe im Weg, auch im Vorjahr wurde in den Herbst verlegt, die Mipim war dann ein Anhängsel des Yachting Festival. Aber immerhin wieder in Cannes.

Und nun der Krieg in der Ukraine, der die Mipim 2022, die wieder zum angestammten Termin im März stattfindet, überschattet. Denn dass sich viele Gesprächsrunden nun statt um Themen wie den Klimawandel oder leistbares Wohnen um den Krieg in Europa drehen werden, darf man voraussetzen.

Gefragte Gesprächspartner

Russinnen und Russen werden daran übrigens nicht teilnehmen: Sie wurden von den Veranstaltern allesamt mehr oder weniger freundlich wieder ausgeladen, ist zu hören.

Jedenfalls als Aussteller: Russische Stände oder gar – wie in der Vergangenheit meist – große Pavillons im Freigelände werde es heuer auf der Mipim nicht geben, stellt ein Sprecher klar. Man verurteile die russische Invasion in der Ukraine auf das Schärfste und fühle sich solidarisch mit den Menschen in der Ukraine verbunden. "Wir sind aber auch solidarisch mit unseren russischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die gerade unter herausfordernden Bedingungen arbeiten müssen." Schon aufgrund der Flugbeschränkungen wäre eine Anreise für aus Russland kommende Aussteller und Besucher auch sehr schwierig gewesen.

Besonders gefragte Gesprächspartner werden wohl deshalb Unternehmen sein, die in Russland Geschäfte machen. Die österreichische Warimpex, notiert an der Wiener und an der Warschauer Börse, gehört dazu. Sie ist schon lange an der Entwicklung der Airport City St. Petersburg beteiligt, seit Jänner sogar als alleinige Gesellschafterin der Entwicklungsgesellschaft Avielen. Wie läuft es dort?

"Unsere Gesellschaften und Projekte in Russland sind sicher und autark aufgestellt", sagt Sprecher Christoph Salzer dem STANDARD. "Die Immobilien und die Immobilienentwicklung beschränken sich auf den Raum Sankt Petersburg, die Projekte sind mit lokalen Banken zum überwiegend größten Teil in lokaler Währung finanziert, gut kapitalisiert und decken ihren Liquiditätsbedarf selbst." Das bedeute, dass die russischen Tochtergesellschaften der Warimpex "autonom und unabhängig von der Unterstützung der Muttergesellschaft agieren können".

Drohende Enteignungen

Finanziell liege ein geschlossener Kreislauf vor: "Die lokalen Cashflows decken alle Verpflichtungen ab, sowohl was Finanzierung betrifft, als auch im Hinblick auf weitere Immobilienentwicklung." Es laufe also vorerst alles weiter wie gehabt, und man habe auch noch keinen Mieter wegen der aktuellen Krise verloren.

Zum jetzigen Zeitpunkt könne man noch keine Einschätzung über die wirtschaftlichen Auswirkungen des Konflikts treffen. Man sei aber zuversichtlich, dank eines "seit Jahrzehnten gut zusammengesetzten und seit vielen Jahren gemeinsam krisenerprobten Teams" auch diese Krise gut meistern zu können.

Was freilich drohen könnte, sind Enteignungen bzw. Verstaatlichungen. Moskau hat schon angekündigt, von westlichen Unternehmen "verlassene" Betriebsanlagen etc. verstaatlichen zu wollen.

Die Frage, wie sich der Krieg denn auf andere Immobilienmärkte auswirken könnte, wird eines der großen Smalltalk-Themen im Palais des Festivals in Cannes sein. Wohlhabende Russinnen und Russen haben bekanntlich nach der Finanzkrise den Wiener Luxusimmobilienmarkt entdeckt. Allerdings sind sie, wie Maklerinnen und Makler unisono berichten, schon in den letzten Jahren eher ausgeblieben.

Run aufs Betongold

Philipp Niemann von Engel & Völkers sagte jüngst zum STANDARD, dass mit dem Krieg neben der steigenden Inflation und potenziell steigenden Zinsen noch eine weitere Verunsicherung dazukomme. Jene, die eine Immobilie besitzen, trennen sich in einer solchen Situation eher nicht davon. Andere wollen ihr Geld gerade jetzt ins Betongold stecken.

Große Nachfrage bei niedrigem Angebot heißt, dass die Preise steigen. Doch es ist kompliziert: Denn gegen steigende Preise spricht wiederum, dass die Mieten in Wien nicht so stark anziehen wie die Preise. Das sei eigentlich ein Indikator dafür, dass sich die Preissteigerung verlangsamt.

"Es ist wirklich schwierig zu sagen, wohin sich der Markt bewegt", sagt Niemann. Ein Sinken der Preise erwartet er zwar nicht. Möglich sei aber, dass man entweder in eine Stagnationsphase kommt – oder die Preise noch einmal zulegen. Die Zukunft ist also ungewiss – nicht nur für die Immobilienbranche. (Martin Putschögl, Franziska Zoidl, 14.3.2022)