Wer diese Woche getankt hat, musste tief ins Börsel greifen. Anstelle der gewohnten 50 Euro fielen schnell einmal 80 Euro an. Benzin und Diesel übersprangen an manchen Zapfsäulen die Zwei-Euro-Marke. Während lange Zeit österreichische Tankstellen von Sparfüchsen aus benachbarten Ländern besucht wurden, weichen jetzt so manche nach Ungarn aus. Dort ist der Preis für Treibstoff gedeckelt – bei 1,20 Euro je Liter.

Die vergangene Woche war denkwürdig. Zu Wochenbeginn sind die Preise am Ölmarkt sprunghaft gestiegen. Die Furcht vor Erdölknappheit ging um. Mittlerweile kehrt etwas Beruhigung ein. Die Debatte, wie man Bürger und Bürgerinnen angesichts der drastisch gestiegenen Energiepreise entlasten kann, ist noch nicht zu Ende geführt. Von einer Mehrwertsteuersenkung bei Benzin und Diesel, wie sie etwa SPÖ und FPÖ fordern, halten neben den Kolleginnen vom Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo auch die Ökonomen vom Institut für Höhere Studien (IHS) nichts.

Tanken ist empfindlich teuer geworden.
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Statt einen Energiekostenzuschuss an fast alle Österreicher zu verteilen, wäre es sinnvoller, zielgerichtet und dafür großzügig Hilfen für einkommensschwache Haushalte bereitzustellen – etwa in der Höhe von 500 Euro –, sagten die IHS-Experten Klaus Weyerstraß und Sebastian Koch. Profitieren würden von einer Steuersenkung reichere Haushalte, die viel Energie konsumieren – erwünschte Lenkungseffekte wären perdu.

Steiler Anstieg

Das Gefühl, die Treibstoffpreise sind hoch wie nie zuvor, trügt. Historisch betrachtet seien die Ölpreise nicht außergewöhnlich hoch, 2014 waren sie in vergleichbarer Höhe, preisbereinigt sogar höher, rechnet Koch vor. Dieses Mal sei der Unterschied, dass die Spritpreise in der Corona-Krise sehr niedrig waren und der Anstieg besonders steil ausfiel. Dazu kommt, dass Öl in Dollar zu bezahlen ist und der Euro derzeit niedrig ist. Auch das schlägt sich in den hohen Treibstoffpreisen nieder.

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Koch geht davon aus, dass die Preise für Benzin und Diesel nächste Woche etwas zurückgehen, nachdem der Ölpreis wieder gesunken ist. Ähnlich sei es beim Strompreis, der etwas zeitversetzt auf die rückläufigen Gaspreise reagiert. Am Sonntag sind jedenfalls die Chefs großer heimischer Energieversorger eingeladen, gemeinsam mit Wirtschaftsforschern, Finanzminister, Kanzler und Vizekanzler und Klimaschutzministerin bei einem Runden Tisch zum Thema Energie und Teuerung über Lösungsansätze zur Abfederung des Preisanstiegs nachzudenken.

Auswirkungen des Ukraine-Krieges

Die hohen Energiepreise sind derzeit die am deutlichsten spürbaren Effekte der russischen Invasion in der Ukraine. IHS-Ökonom Alexander Schnabl hat aber noch andere Rechnungen angestellt: Unter der Annahme, dass ein Jahr lang nichts in die Ukraine, nach Russland und Belarus exportiert wird, verursacht der Krieg einen Wertschöpfungsverlust von rund vier Milliarden Euro (1,14 Prozent des BIP). Der Krieg selbst trifft Österreichs Volkswirtschaft aber nach Schnabls Rechnung deutlich weniger stark als die wirtschaftlichen Maßnahmen gegen Russland und Belarus. Die Sanktionen treffen die österreichische Wirtschaft demnach viermal so stark wie der Krieg selbst. (Regina Bruckner, 12.3.2022)