Neu aufgetauchte Chats bringen WKStA-Chefin Ilse-Maria Vrabl-Sanda auf den Plan.

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Die jüngsten Erkenntnisse aus diversen Chat-Nachrichten höchster Beamter aus der Justiz haben nun die Leiterin der WKStA, Ilse-Maria Vrabl-Sanda, auf den Plan gebracht. Sie halte es angesichts der Kommunikation – insbesondere jene zwischen dem Chef der Oberstaatsanwaltschaft Wien, Johann Fuchs und dem inzwischen suspendierten Sektionschef im Justizministerium Christian Pilnacek – für erforderlich, Klarstellungen zu treffen, schreibt die WKStA-Leiterin in einer Aussendung von Freitagabend. Die Unterhaltungen zeigten ein "außerordentlich schockierendes Agieren der Dienst- und Fachaufsicht", das man umfänglich aufarbeiten müsse.

Zur Erklärung: Die Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien und das Ministerium sind die Vorgesetzten der WKStA. Pilnacek und Fuchs unterhielten sich sehr oft über die WKStA und ihre Einschätzung von deren Arbeit. Auch die Sicherstellung von E-Mail-Accounts bzw. Überwachung einzelner Staatsanwälte, die auch gegen (Ex-)Regierungsmitglieder ermittelten, stellte Pilnacek in den Raum. Pilnacek schrieb Sätze wie "Wir müssen jetzt scharf eingreifen, die Truppe ist das Letzte", "Wir sollten ein Exempel statuieren" oder "Ich stelle mir eine Observation vor" . Zuletzt wurden auch Chats bekannt, in denen sich die beiden Beamten über den Umgang mit Journalistinnen unterhalten. Gegen Pilnacek und Fuchs wird ermittelt, es gilt die Unschuldsvermutung.

"Illegal in Strafverfolgung eingewirkt"

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der WKStA seien durch Vertreter ihrer Dienst- und Fachaufsicht "Ziel einer beispiellosen Kampagne geworden, mit der sie eingeschüchtert und unter Druck gesetzt werden sollten", schreibt Vrabl-Sanda. Damit habe die Aufsicht unter anderem auch auf "illegitime Weise auf die Strafverfahren eingewirkt" und die Arbeit der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte "massiv" beeinträchtigt.

Die WKStA-Chefin spricht von einer "beispiellosen Medienkampagne gegen die WKStA", eine Staatsanwältin sei "als Spitzel gegen andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter missbraucht" worden, es seien sogar "geheime Ermittlungsmaßnahmen außerhalb der dafür rechtlich vorgesehenen Verfahren" gegen WKStA-Staatsanwälte angedacht worden, heißt es in dem Schreiben. Die WKStA-Leiterin erwartet sich neben strafrechtlichen oder dienstrechtlichen Konsequenzen die "sichtbare rigorose Aufarbeitung" all dessen und Maßnahmen zur Installierung einer "sachlich fundierten Fach- und Dienstaufsicht" .

Staatsanwälte und Staatsanwältinnen müssten vor solchen Übergriffen durch Vorgesetzte geschützt werden, damit sie sich voll auf ihre Aufgaben konzentrieren und Verdachtslagen aufklären können, fordert die WKStA-Chefin.

Stellungnahme des Justizministeriums

Aus dem Justizministerium hieß es Freitag Nacht gegenüber der APA, dass auch die jüngst bekannt gewordenen Vorfälle dienst- und strafrechtlich geprüft würden. Zudem verwies man darauf, dass auf etliche, aus dem Ibiza-U-Ausschuss bekannt gewordene Geschehnisse reagiert worden sei. Etwa habe man die Berichtspflicht reduziert, zudem wurde die Aufsicht im Ibiza-Komplex einem Innsbrucker Oberstaatsanwalt übertragen, der zwar der Wiener OStA formal zugeteilt, aber weisungsfrei gestellt ist. Dieser berichte direkt an das Justizministerium. Ferner wurde die Geschäftsverteilung der OStA Wien geändert, sodass ein Stellvertreter, und nicht der Leiter selbst, die Aufsicht über alle WKStA-Verfahren abseits des Ibiza-Komplexes, ausübt. (red, 12.3.2022)