Wie politisch soll die Firma auftreten? Oder geht es um Spendensammeln? Viele CEOs berichten, dass es intern um viel mehr geht als um karitative Kraftanstrengung: Belegschaften fordern Positionierung.

Foto: Magenta Telekom

Seit zwei Wochen leuchtet das T-Center in Wien in Blau-Gelb, den Farben der Ukraine. Die Aktion sorgte dem Vernehmen nach im Vorfeld konzernintern für heftige Diskussionen. "Schnelle Entscheidungen, kurze Wege und klare Haltung beziehen, das zeichnet Leadership in schwierigen Zeiten für mich aus", sagt Magenta-Telekom-CEO Andreas Bierwirth. "Darüber darf auch intern heftig gerungen werden. Wir müssen in der aktuellen Situation nicht nur über unser Produkt helfen, das Menschen in Verbindung hält, sondern auch ganz klar für unsere Werte eintreten."

Deshalb die Beleuchtung der Firmenzentrale, deshalb auch ein Angebot für Gratistelefonie in und aus der Ukraine oder einige Tausend kostenlose SIM-Karten für Vertriebene. Dazu werden private Spenden aus der Unternehmenskasse aufgebessert – wie auch in vielen anderen Firmen. Sehr viele versuchen zu helfen, viele sprechen auch darüber und lassen ihre Kommunikationsabteilungen die Aussendungen darüber verfassen.

Hilfsaktionen

Francesco Sciortino, COO der Austrian Airlines: "Der Zusammenhalt der Austrian spiegelt sich einmal mehr in dieser unglaublichen Hilfsaktion wider. Unsere Gedanken sind in dieser tragischen Situation bei unseren Kolleg:innen in der Ukraine." Es geht um Sachgüter, Lebensmittel, Geld, Wohnraum und eine interne Social-Media-Wall, über die kommuniziert werden kann.

Bei der Doka in Amstetten ist vor drei Wochen ebenfalls sofort Hilfe für die Mitarbeitenden der zwei Niederlassungen in der Ukraine und ihre Familien angelaufen. Fahrer wurden zum Abholen der Flüchtenden in Bereitschaft versetzt, Wohnungen wurde beschafft, eine Liegenschaft in Wien-Auhof zwecks Unterbringung reaktiviert und entsprechend ausgestattet.

Die Unternehmenssprecherin Evi Roseneder ist zwar erschöpft, aber auch begeistert vom Engagement, das etwa innert weniger Minuten 100 Kindersitze aus Belegschaftsquellen zusammenbringen konnte. Einige Personalberater sind mit ihren Privatfahrzeugen tagelang unterwegs zu und von der polnischen Grenze, um Netzwerkpartner und Familien abzuholen, wollen aber keine Details berichten.

Positionierung

Ganz ehrlich: Nachdem es nun sofortige Arbeitserleichterungen für Geflüchtete gibt: Reiben sich Firmen auch schon die Hände, die große Personalnot zu lindern? "Nein", sagt etwa Bernhard Reisner, Personalchef des Autozulieferers Miba, "erstens geht es jetzt um existenzielle Themen der Geflüchteten, und zweitens sind wir eher Transitland." Für Führungskräfte, sagt er, gehe es jetzt bei aller Problematik der Betriebsunterbrechungen zuallererst um "compassion".

Wie politisch soll die Firma auftreten? Oder geht es um Spendensammeln? Viele CEOs berichten, dass es intern um viel mehr geht als um karitative Kraftanstrengung: Belegschaften fordern Positionierung. (Karin Bauer, 18.3.2022)