In Österreich sind derzeit rund zehn Prozent des Gesundheitspersonals der Spitäler im Krankenstand. Ein Großteil, weil sie mit Corona infiziert sind. In Niederösterreich löst man das kurzerhand damit, dass auch infizierte Ärztinnen und Pfleger arbeiten dürfen. Das ist kein Scherz. Nach der sukzessiven Rücknahme aller Schutzmaßnahmen durch die Regierung war es ja kaum mehr möglich, sich nicht anzustecken. In Spitälern schlug diese unverantwortliche Politik doppelt hart auf: weniger Personal, teils mehr Patienten. Man ist im Krisenmodus, erzählen Betroffene – so sie den Mut haben, sich über skandalöse Maulkorberlässe hinwegzusetzen.

Operationen werden wieder verschoben, ganze Stationen tagelang gesperrt.
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Operationen werden wieder verschoben, ganze Stationen tagelang gesperrt. Das hätte verhindert werden können. Expertinnen und Experten hatten die Regierung gewarnt. Man kann nur mehr von einem Totalversagen sprechen, das jene, die eine gute Versorgung im Spital brauchen, ausbaden müssen.

Das Totalversagen reicht weit zurück. Seit vielen Jahren schlagen Personen in Gesundheits- und Pflegeberufen Alarm. Schon vor Corona herrschte Personalnotstand. Kurzsichtige Politik hat das nicht ernst genommen. Stattdessen wurde bei einer sinnlosen Krankenkassenreform Geld verbrannt.

Die Debatte über Milliarden, die nun schnell für das Heer unseres neutralen Landes lockergemacht werden sollen, müssen ein Schlag ins Gesicht jener sein, die sich den Job in einem Spital oder Pflegeheim noch antun. Es braucht sofort mehr Ausbildungsplätze, damit das fehlende Personal wenigstens in ein, zwei Jahren bereitsteht. Als Sofortmaßnahme braucht es eine monatliche Prämie, die nicht gleich von der Inflation aufgesaugt wird. Und es braucht dringend eine Gehaltsreform, denn immer mehr wechseln den Job, weil sie woanders mehr Geld, mehr Freizeit, weniger Stress haben und nicht hilflos den Attacken von aggressiven "Corona-Zweiflern" ausgesetzt sind. (Colette M. Schmidt, 20.3.2022)