Auch Olivenhaine geraten durch Schädlinge unter Druck. Forschende wollen nun biologisch verträgliche Gegenstrategien aufzeigen.

Foto: Bea Maas

Die Artenvielfalt geht seit Jahren dramatisch zurück. Schuld daran ist unter anderem die Landwirtschaft mit ihrem stetig zunehmenden Raumbedarf und ihren diversen Chemikalien. Ein kürzlich gestartetes Projekt unter österreichischer Leitung untersucht am Beispiel der Olive Möglichkeiten, Nahrungsmittelproduktion so zu betreiben, dass sich Natur und Landbau gegenseitig fördern.

Der Olivenbaum wird im Mittelmeerraum seit rund 6000 Jahren kultiviert und spielt dort bis heute eine zentrale Rolle, vor allem durch die Erzeugung von Olivenöl. Olivenhaine sind jedoch nicht nur ein bedeutender Bestandteil der mediterranen Wirtschaft und Kultur, sondern können auch eine enorme Artenvielfalt aufweisen: 2018 wies eine Studie in 40 andalusischen Hainen insgesamt fast 700 Pflanzen-, 165 Vogel- und 58 Ameisenarten nach.

Strukturreich und biodivers

Das kommt vor allem daher, dass Olivenhaine als "Landwirtschaft mit Bäumen" meist strukturreicher sind als die umliegende Agrarlandschaft und daher auch mehr Tierarten Lebensraum bieten. Doch die Intensivierung der Landwirtschaft macht auch vor den Ölbäumen nicht halt: Zwar erfolgt die Bewirtschaftung in vielen Gegenden nach wie vor eher kleinräumig und mit Ernte von Hand, doch gibt es vor allem in Spanien auch Intensivanbaugebiete, bei denen die Oliven maschinell geerntet werden.

Gleichzeitig beeinträchtigen Schädlinge die Erträge, allen voran die Olivenfruchtfliege (Bactrocera oleae), deren Larven die reifenden Oliven von innen auffressen, und die Olivenmotte (Prays oleae), die Blätter, Blüten und Früchte schädigen kann. Vor allem im Intensivanbau werden die Schadinsekten mittels Pestiziden bekämpft, was freilich auch andere Arten trifft. Gleichzeitig wird auf diesen Flächen der Boden möglichst frei von anderen Pflanzen gehalten, um ihn für die Maschinen befahrbar zu machen.

Oliven und die daraus gewonnenen Produkte gelten in den Anbauregionen als vielfach unverzichtbare Einkommensquelle für oft kleinstrukturierte Landwirtschaften.
Foto: Bea Maas

In dem kürzlich gestarteten Projekt Eco-Olives wollen Bea Maas vom Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der Universität Wien und ihre Mitarbeiter gemeinsam mit italienischen und deutschen Kollegen erheben, wie Olivenbauern ihren Ertrag verbessern und gleichzeitig mehr Biodiversität zulassen beziehungsweise diese aktiv fördern können.

Natürliche Schädlingsabwehr

Dafür untersuchen die Forscherinnen und Forscher zuerst einmal die Rolle von Vögeln und Fledermäusen für die biologische Schädlingsbekämpfung. Das erfolgt mit einer Methode, die Maas bei ähnlichen Arbeiten an Kakaopflanzen in Indonesien entwickelt hat: Einzelne Bäume werden in "Käfige" aus Bambus und Netzen gepackt, die zwar Insekten und Spinnen den Zutritt erlauben, Vögel und Fledermäuse, die diese fressen, aber draußen halten.

Insgesamt 48 Bäume werden auf diese Weise zwei Jahre lang frei von allen geflügelten Tieren gehalten, die größer sind als ein Käfer. Danach wird der Ertrag dieser Bäume mit jenem von 48 frei zugänglichen Exemplaren verglichen.

Von Oliven und Kakao

Beim Kakao ergaben diese Ausschlussexperimente eine Verringerung der Ernte um 30 Prozent auf jenen Flächen, wo Vögel und Fledermäuse fehlten. "Die Erträge vieler Kulturpflanzen sinken weltweit durch den Verlust der Biodiversität", erklärt Maas, "der Zusammenhang ist aber oft schwer nachzuweisen."

Das soll im Projekt Eco-Olives, das vom Wissenschaftsfonds FWF gefördert wird, nicht der Fall sein. Untersucht werden dafür zwölf Biobauernhöfe in der Toskana, die sich in verschiedenen Parametern unterscheiden, wie in lokalem Pflanzenreichtum oder ihrer Entfernung zum nächsten Wald.

In allen Hainen werden die Artenvielfalt und die Häufigkeit der Vögel, Fledermäuse, Spinnen und Insekten erhoben. Dabei sollen die Nahrungsnetze erfasst werden, aber auch eventuelle Arten, die eine Schlüsselrolle darin spielen. Das Gebiet ist besonders interessant, wie Maas erklärt, weil es neben bewirtschafteten Hainen auch viele aufgelassene umfasst, und diese Mischung bietet gute Habitate für viele Vogel- und Fledermausarten. Gleichzeitig gibt es zur Rolle dieser Gruppen für den Olivenanbau in Italien noch keine wissenschaftlichen Arbeiten.

Das Projekt Eco-Olives versucht, Wirtschaftlichkeit, Artenschutz und soziale Aspekte zu vereinen.
Foto: Imago/ZUMA Wire

Eine App für Oliven-Infos

Auf Basis der Erhebungen und Experimente werden Maas und ihre Gruppe verschiedene Ökosystemleistungen der Olivenhaine und damit zusammenhängende Bewirtschaftungsoptionen modellieren. Daraus soll schließlich ein Werkzeug entstehen, das den Bauern Entscheidungshilfen und Empfehlungen an die Hand gibt, wie sie ihre Haine gleichzeitig ertragreich und umweltfreundlich bewirtschaften können.

"Wir wollen Biodiversität, Wirtschaftlichkeit und soziale Aspekte unter einen Hut bringen", sagt Maas. Zu diesem Zweck will sie gemeinsam mit den Landwirten eine App entwickeln, die das biologische Potenzial eines Hains berechnet und in der Folge Empfehlungen gibt, wie die Artenvielfalt darauf gesteigert werden kann.

Zusätzlich soll die App auch über alle verfügbaren Förderungen von umweltfreundlichen Maßnahmen informieren. Denn Maas weiß aus Erfahrung: "Auch in Österreich erreichen nicht alle Informationen die Bauern." Die Ergebnisse lassen sich Maas zufolge später auch auf andere wirtschaftlich interessante Obstsorten wie Äpfel oder Zitrusfrüchte übertragen, was das Projekt zusätzlich interessant macht. (Susanne Strnadl, 5.4.2022)