Der erste Mitwirkende am Ibiza-Video sitzt hinter Gittern. Aber es ist keiner der Politiker, die dort im Gegenzug für Parteispenden lukrative Staatsaufträge in Aussicht gestellt haben. Sondern der Aufdecker Julian Hessenthaler. Nun wird diesem zwar nach fragwürdigen Ermittlungen Drogenhandel vorgeworfen. Und Heinz-Christian Strache wurde sehr wohl erstinstanzlich zu einer bedingten Freiheitsstrafe in einer anderen Causa verurteilt. Doch das Beispiel beleuchtet jene Gesetzeslücke, die Strache ungeschoren davonkommen ließ: Der Bestechungsparagraf greift dann nicht, wenn die Bestechlichen noch nicht im Amt sind. Sie können sich legal kaufen lassen, wenn sie wie der spätere Vizekanzler einen Regierungsposten in Aussicht haben.

Heinz-Christian Strache kam durch eine Gesetzeslücke ungeschoren davon.
Foto: EPA/CHRISTIAN BRUNA

Die Lücke klafft, und Volkspartei und Grüne haben sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf geeinigt, sie zu schließen. Doch beschlossen ist noch nichts. Wie bei allen anderen grünen Transparenzinitiativen.

Gerade einmal einen Monat ist es her, dass die Koalitionsparteien ihren Entwurf für die Reform der Parteifinanzen präsentierten. Das Programm ist nicht fehlerlos, aber ein Schritt in die richtige Richtung: Spendentransparenz, schnelle Klarheit über Wahlkampfkosten und vor allem Einschaurechte in die Parteikassen für den Rechnungshof. Allerdings: Beschlossen ist das Gesetz noch nicht.

Neues Kapitel

Beim Informationsfreiheitsgesetz wiederum sieht man, dass ein Entwurf allein noch nicht viel zu bedeuten hat. Auch diesen Gesetzesentwurf feierten die Grünen vor mehr als einem Jahr als Erfolg. Seither liegt er herum, weil die Bundesländer die Reform nicht wollen. Das Amtsgeheimnis gilt nach wie vor und verhindert, dass Bürger und Journalistinnen ihrer Verwaltung auf die Finger schauen können.

Es geht also zu wenig weiter. Das ist insofern erstaunlich, als die Kanzlerpartei genug Anlassfälle liefert, um über Korruption zu sprechen – und darüber, wie man sie verhindern kann. Sebastian Kurz musste zurücktreten, weil in seinem Sinne manipulierte Umfragen mutmaßlich vom Finanzministerium bezahlt wurden. In Vorarlberg schleuste der Wirtschaftsbund im Dunkeln und offenbar nicht korrekt versteuert Geld an die schwarze Landespartei. Und jetzt steht sogar der Nationalratspräsident im Verdacht, bei einer Personalentscheidung in einer früheren Position sein Amt missbraucht zu haben. Es wäre eine gute Gelegenheit für die Volkspartei, um ein neues Kapitel aufzuschlagen – stattdessen mauert sie bei allem, was Korruption verhindern könnte.

Man darf nicht den Fehler machen, die Grünen dafür zu kritisieren, dass die ÖVP Initiativen für saubere Politik blockiert. Aber es sind genau diese Vorhaben, für die die Grünen schmerzhafte Kompromisse eingegangen sind. Sie müssen sich die Frage stellen, wie lange sie sich von der ÖVP noch hinhalten lassen. Und wann der Zeitpunkt gekommen ist, um festzustellen: Mit der Volkspartei ist kein transparenter Staat zu machen. (Sebastian Fellner, 1.4.2022)