Kommen bei ihren Unterredungen mitunter nicht weiter: Ministerinnen Karoline Edtstadler (ÖVP) und Alma Zadić (Grüne).

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Das Archiv dient nicht nur, wie der mittlerweile verstorbene ORF-Nachrichtenmoderator Robert Hochner einst feststellte, der Rache der Journalisten an Politikern. Auch Aktivistinnen und Aktivisten bedienen sich aus dem Fundus konservierter Zitate. So breitet die Allianz hinter dem Antikorruptionsvolksbegehren genüsslich hehre Ankündigungen aus, um der Regierung nichts Geringeres als Wortbruch vorzuwerfen.

Anfang November etwa bekräftigte Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) ihr bereits im Juli 2020 getätigtes Versprechen, einen beschlusstauglichen Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz vorzulegen. Justizministerin Alma Zadić wiederum versicherte am 2. Jänner 2022, die "Lücken im Korruptionsstrafrecht bald zu schließen", und kündigte für das erste Quartal den Entwurf zur "Nachschärfung" an. Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) verhieß zehn Tage später einen "Maßnahmenkatalog der Bundesregierung zur Neuorganisation der Medienförderung", der etwa strengere Kriterien und mehr Transparenz bei der Inseratenvergabe bringen sollte.

Viele Bremser

Wie aber der STANDARD bereits vergangene Woche thematisierte, stocken die Vorhaben. Beim Informationsfreiheitsgesetz etwa, das die Amtsverschwiegenheit durch eine Veröffentlichungspflicht von Informationen von allgemeinem Interesse ersetzen soll, gab es im Vorjahr zwar einen gemeinsamen Regierungsentwurf. Allerdings brachte die parlamentarische Begutachtung viele Einwände. Entscheidend ist der Widerstand in (ÖVP-regierten) Ländern und Gemeinden.

Bei der Verschärfung des Korruptionsstrafrechts, laut der korrupte Versprechen auch dann bestraft werden können, wenn ein Politiker diese bereits vor seinem offiziellen Amtsantritt getätigt hat, schieben sich ÖVP und Grüne gegenseitig den Ball zu. Die ÖVP-Seite verlangte eine Evaluierung des Gesetzes, die Grünen wollen diese längst geliefert haben.

Vernichtende Urteile

"Das erste Quartal ist vorbei, Ergebnisse fehlen", kritisiert Heinz Mayer, einer der Proponenten des Volksbegehrens, für das man in der Eintragungswoche von 2. bis 9. Mai unterschreiben kann. Der Verfassungsrechtsexperte verweist nicht nur darauf, dass ein großer Teil der wirtschaftspolitischen Eliten unter Korruptionsverdacht stehe und das Vertrauen der Bevölkerung erodiere. Institutionen wie der der Europarat und die EU hätten wegen der Säumigkeit in der Korruptionsbekämpfung teils vernichtende Urteile ausgestellt und gravierenden Nachholbedarf in essenziellen Punkten attestiert. "Das ist ein Alarmsignal für unsere Demokratie und ein nicht zu unterschätzender Schaden für den Wirtschaftsstandort Österreich", sagt Mayer. "Jetzt müssen endlich Ergebnisse her." (Gerald John, 4.4.2022)