Und wenn die Idee zur Moskau-Reise von Katharina Nehammer stammen sollte – wen soll das stören? Die Reise an sich hatte jetzt keinen großen Nutzen, war aber auch kein Fiasko. Österreichs Kanzler hat sich ein wenig ins Gespräch gebracht, das wird ihm und dem Land in Europa nicht schaden. Selbst wenn er damit ein wenig vom Cobra-Gate abgelenkt hat – schuld sind die, die den Blick auf das Wesentliche verlieren oder sich ablenken lassen.

Katharina Nehammer war bei einem offiziellen Besuch ihres Mannes in Berlin mit dabei. Das war protokollarisch nicht vorgesehen, und Frau Nehammer hat sich in Berlin nicht versteckt. Sie hat sogar mit den Journalistinnen geplaudert, wie schon zuvor in Paris. Gehört sich das nicht?

Karl Nehammer hört auf seine Frau, er bindet sie ein und steht dazu.

Wie kleingeistig ist doch die Aufregung darüber. Mag sein, das ist ungewöhnlich. Der Kanzler und seine Frau machen etwas außer der Norm? Großartig. Sie interessiert sich für seinen Job, berät ihn, bringt sich ein, hat Ideen. Muss ihr das peinlich sein? Oder ihm?

Mag sein, dass Katharina Nehammer noch nicht ganz in ihre neue Rolle gefunden hat. Aber wer auf der einen Seite der Emanzipation das Wort redet, kann doch auf der anderen Seite nicht auf jede Frau hinhauen, die ihren Kopf aus einer ihr zugedachten Rolle hebt. Karl Nehammer hört auf seine Frau, er bindet sie ein und steht dazu. Und welche Spießer haben da jetzt ein Problem damit? Reden wir doch über die. (Michael Völker, 16.4.2022)