Das Gemälde eines Dodos aus dem Naturhistorischen Museum in London (Roelant Savery, Ende der 1620er-Jahre).
Foto: Julian Hume

So weit von einem "Jurassic Park"-Szenario sind wir eigentlich gar nicht weg. Zumindest das Prinzip hinter der Filmhandlung beruht auf einem soliden wissenschaftlichen Fundament, wie eine Studie vor eineinhalb Jahren zeigen konnte: Wissenschaftern war es gelungen, brauchbares Erbgut aus von Baumharz umschlossenen Insekten zu extrahieren. Letztlich steht und fällt ein Vorhaben, ausgestorbene Tierarten zurückzuholen, mit der Qualität der verfügbaren DNA – mit anderen Worten: Je jünger und vollständiger das verfügbare Genmaterial, desto höher die Chancen für eine Auferstehung.

In die vorderste Reihe entsprechender Anwärter ist nun dank aktueller Forschungen der Dodo gerückt: Ein Forschungsteam an der University of California, Santa Cruz, hat es geschafft, das gesamte Genom des vor wenigen hundert Jahren ausgestorbenen Vogels erfolgreich zu sequenzieren und damit bisher bestehende Lücken im bereits bekannten Dodo-Erbgut zu füllen.

Auch der indische Maler Ustad Mansur hielt einen Dodo fest. Das zwischen 1628 und 1633 entstandene Kunstwerk ist eines von ganz wenigen farbigen Darstellungen des Vogels nach lebenden Modellen.
Foto: Institute for Eastern Studies

Pummelige Riesentaube

Vermutlich wäre dieser Vogel aus Mauritius heute nicht so bekannt, hätte Lewis Carroll ihm nicht in "Alice im Wunderland" ein literarisches Denkmal gesetzt. Persönlich begegnet ist Carroll dem Dodo (Raphus cucullatus) freilich nicht. Entdeckt wurde der pummelige Taubenverwandte von niederländischen Seefahrern, die 1598 auf der Insel Mauritius landeten und als Erste über die dortige Flora und Fauna Bericht erstatteten. Weniger als ein Jahrhundert später, kurz nach 1670, war der Dodo bereits wieder ausgerottet.

Federpräparate des merkwürdigen Vogels blieben nicht erhalten, und auch Knochen sind rar. Selbst das genaue Aussehen des Dodos war, basierend auf wenigen Abbildungen von echten Augenzeugen, lange Zeit unsicher. Erst 1994 gelang es dem niederländischen Wissenschafter Jan Hakhof nach gründlicher Untersuchung der Knochenreste und Bilddokumente, ein realitätsnahes Bild der Dronte, wie dieser Vogel auch genannt wird, zu rekonstruieren.

Das Museum of Natural History in Oxford besitzt einen Dodo-Kopf. Er wurde im 19. Jahrhundert seziert und besteht heute aus zwei Hälften.
Foto: Museum of natural History, Oxford

"... sodass wir sie ohne Mühe totschlagen konnten"

Demnach war der Dodo rund einen Meter hoch, 12 bis 15 Kilogramm schwer und flugunfähig – alles Eigenschaften, die ihn für die hungrigen Seefahrer des 17. Jahrhunderts auf Mauritius zur leichten Beute machten, wie auch in zeitgenössischen Dokumenten nachzulesen ist: "Da die Insel nicht von Menschen bewohnt war, fürchteten sich die Vögel nicht vor uns und saßen still, sodass wir sie ohne Mühe totschlagen konnten. Wenn wir einen am Bein gefasst hatten, so schrie er, sodass die anderen zur Hilfe heraneilten und ebenfalls ergriffen werden konnten", heißt es in einem Bericht von 1669 – also kurz bevor der Dodo vom Antlitz der Erde verschwand.

Vielleicht aber nicht für immer, denn nun ist es einem Team um Beth Shapiro an der University of California, Santa Cruz, gelungen, das Genom des Dodos vollständig zu kartieren. Zu verdanken war dies einer "fantastischen Probe" aus Dänemark, mit entsprechend gut erhaltener DNA, wie die Forschenden bei einer Veranstaltung der Royal Society of Medicine berichten. Es war dies nicht die erste Genuntersuchung auf Grundlage von Dodo-Überresten.

Familiäre Verhältnisse

Im Jahr 2002 konnten britische Forschende mithilfe von fragmentarischem Genmaterial aus dem Natural History Museum in London die familiären Verhältnisse des Dodo klären: Es zeigte sich, dass der Vogel tatsächlich eine "flugunfähige Riesentaube" war, wie man bis dahin gemutmaßt hatte. Die nächsten noch lebenden Verwandten des Dodo sind demnach die Mähnentauben Südostasiens, die Krontauben Neuguineas und die Zahntauben auf Samoa. Die damaligen Analysen verrieten überdies, dass sich der "Urdodo" vor rund 42 Millionen Jahren abgespaltet hatte.

Video: The Royal Society – Können wir ausgestorbene Tiere zurückbringen?
The Royal Society

Lässt sich mit dem von Shapiro und ihrem Team rekonstruierten Genom der Dodo nun tatsächlich von den Toten zurückholen? Zumindest vorerst dürfte dies eher unwahrscheinlich sein, meint die Evolutionsbiologin. Das liegt vor allem daran, dass es sich beim Dodo um einen Vogel handelt.

Schwierige Rückkehr von den Toten

"Wie verwandle ich eine Zelle mit eingefügter Dodo-DNA in ein echtes, lebendes Tier? Normalerweise funktioniert das durch Klonen, der gleichen Methode, mit der schon das Schaf Dolly erschaffen wurde", meint Shapiro. "Leider wissen wir jedoch nicht, wie man das bei Vögeln macht, weil ihr Reproduktionsweg anders und komplizierter abläuft."

Laut Shapiro stellt dies eine "wirklich grundlegende Hürde dar", an deren Überwindung jedoch zahlreiche Wissenschafterinnen und Wissenschafter arbeiten. Die nun verfügbare vollständige Dodo-DNA sei jedenfalls ein wichtiger Schritt auf einem noch sehr weiten Weg. (tberg, 24.4.2022)