Norbert Totschnig (rechts) wurde 2017 Direktor des Österreichischen Bauernbundes.

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Arbeitsminister Martin Kocher soll zusätzlich auch die Wirtschafts-Agenden bekommen.

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Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger trat am Montag ab.

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Es pressiert. Nach dem Rücktritt der Ministerinnen Elisabeth Köstinger und Margarete Schramböck am Montag muss Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer vor dem Bundesparteitag am Samstag in Graz schnell für geordnete Verhältnisse sorgen. Will Nehammer dort keine Nachfolgedebatten, die seine Grundsatzrede in den Hintergrund rücken lassen würden, sollte er rasch Entscheidungen verkünden.

Nehammer wird jedenfalls um 13 Uhr in der politischen Akademie der ÖVP ein Statement "zur Umbildung der Bundesregierung" abgeben.

Neuer Landwirtschaftsminister und also Nachfolger von Köstinger wird Norbert Totschnig, wie DER STANDARD aus ÖVP-Kreisen in Erfahrung bringen konnte. Der 47-jährige Tiroler ist Direktor des Österreichischen Bauernbunds. Ob er um 13 Uhr auch in der politischen Akademie der ÖVP auftreten wird, war noch offen.

Totschnig war ab Dezember 2013 unter dem damaligen Vizekanzler Michael Spindelegger im Finanzministerium tätig, ehe er als Referent im Kabinett von Vizekanzler Reinhold Mitterlehner arbeitete. 2016 wechselte er in den ÖVP-Parlamentsklub und war Referent unter anderem für Umwelt sowie Land- und Forstwirtschaft. Seit 2017 ist er Direktor des Bauernbunds. Hier ist auch Köstinger stark verwurzelt.

Köstingers Ressort könnte aber laut türkisen Überlegungen auch aufgeteilt werden. Totschnig soll die Landwirtschaftsagenden erhalten, für den Tourismus ist laut "Krone" auch ein Staatssekretariat im Gespräch.

Für Totschnig spricht, dass dieser – wie die ebenfalls zurückgetretene Wirtschaftsministerin Schramböck – aus Tirol kommt. Damit wäre die einflussreiche Landesorganisation nach ÖVP-Logik wieder in der Regierung vertreten.

Kocher möglicher Arbeits- und Wirtschaftsminister

Kommt Totschnig zum Zug, wäre die Nachfolgesuche bei Wirtschaftsministerin Schramböck nicht auf Tirol beschränkt.

Heikles Thema war aber auch, dass die Ministerien für Wirtschaft und Arbeit unter dem aktuellen Arbeitsminister Martin Kocher wieder zusammengelegt werden können. Das war ab 2000 erstmals unter Kanzler Wolfgang Schüssel in der schwarz-blauen Koalition der Fall, ehe die Ressorts unter Kanzler Werner Faymann (SPÖ) 2008 wieder getrennt wurden.

Nehammer sei bei der Nachfolgesuche in der schwierigen Situation, "überhaupt jemanden zu finden mit Rang und Namen, der sich das antut", konstatierte der Politikberater Thomas Hofer im Ö1-"Morgenjournal" am Dienstag. Schließlich dauere die Amtszeit der gegenwärtigen Regierung noch "maximal zwei Jahre". In der Situation, in der sich Türkis-Grün derzeit befindet, ist aber auch das alles andere als fix.

Zudem gebe es viele Begehrlichkeiten, meinte Hofer. Der Bauernbund "braucht was", Tirol ebenfalls, das Bundesland steht zudem vor einer Landtagswahl. Es schaue jedenfalls "nicht danach aus", dass sich Nehammer von der bisherigen ÖVP-Parteilogik emanzipieren könne.

Irgendwann würde die Bevölkerung laut Hofer aber sagen: "Freunde, wir hätten ein paar Krisen am Kochen – und ihr beschäftigt euch nur mit der parteiinternen Logik und mit Politikstrategie. Das kommt irgendwann einmal wirklich schräg an."

Aufgewertete Staatssekretärin

Davon abgesehen soll Claudia Plakolm, die erst vor einigen Monaten Jugendstaatsekretärin geworden ist, mehr Zuständigkeiten bekommen. Zumindest wird das gemunkelt. Laut türkisen Verhandlern steht im Raum, dass die Agenden Zivildienst und Ehrenamt aus Köstingers ehemaligen Ministerium herausgelöst und an Plakolm übertragen werden könnten.

Der Digitalbereich aus dem Wirtschaftsministerium dürfte ebenfalls abgekoppelt werden. Dafür scharre bereits ein neuer Staatssekretär in den Startlöchern: Florian Tursky. Dieser ist im Moment noch Büroleiter des Tiroler Landeshauptmanns Günther Platter. Mit Totschnig und Turksy wären somit zwei Tiroler im ÖVP-Regierungsteam. Es soll aber auch kurz zur Debatte gestanden sein, dass die Digitalagenden zu Finanzminister Magnus Brunner hätten wandern können. (krud, jan, 10.5.2022)