So richtig stark wirken die Sanktionen des Westens gegen Putin nicht, das lässt sich drei Monate nach dem Überfall auf die Ukraine klar sagen. Der Rubel leidet überhaupt nicht; das russische Wirtschaftswachstum zwar schon, aber nicht so stark wie erwartet. Die maue Wirkung der Sanktionen kommt vor allem daher, dass der enorm wichtige Gashandel von ihnen ausgenommen ist. Und genau in diesem Bereich hat die EU gerade eine windelweiche Entscheidung gefällt.

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Der EU-Gasversorgung ist gedient.
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Man erinnert sich, dass Putin im März beschlossen hat, EU-Konzerne müssten für russisches Gas in Rubel bezahlen. Weil dies aber die Sanktionen verletzen würde, bot Moskau den Unternehmen ein Schlupfloch: Sie können zwar wie bisher in Euro oder Dollar zahlen, allerdings wird das Geld danach in Rubel konvertiert. Und erst wenn Rubel (nicht etwa Euro oder Dollar) bei Gazprom ankommen, gilt der Kauf als getätigt.

Ist die Forderung sanktionskonform? Ja, entschieden die EU-Institutionen nach wochenlangem Nachdenken. Einzige Voraussetzung: Die Konzerne müssen ihren Kauf bereits in dem Moment als abgeschlossen erachten, in dem sie ihre Euro und Dollar überwiesen haben – wahrlich keine hohe Hürde.

Mit Haarspaltereien kaschiert Brüssel also, dass es Putins Forderung voll nachgibt. Der EU-Gasversorgung mag mit derlei Kunstgriffen gedient sein. Eine entschlossene Antwort auf Russlands Aggression sieht anders aus. (Joseph Gepp, 17.5.2022)