Zuerst Deponie, dann Golfplatz, dann doch kein Golfplatz, jetzt vielleicht Photovoltaikanlage: Wienerherberg macht viel durch mit der Stätte neben der Ortschaft.

Foto: otto havelka

Bei DER STANDARD VOR|ORT verlegen Redakteurinnen und Redakteure ihren Arbeitsplatz vorübergehend in spannende Regionen Österreichs. Sebastian Fellner berichtet aktuell aus Ebergassing in Niederösterreich.

Ebergassing – Anton Hietz rollt vorsichtig durch Ebergassings Mondlandschaft. Links ein Hügel, rechts ein Hügel. Er deutet auf die Stellen in dem unnatürlich geformten Gelände, wo sich Pflanzen wieder ausgebreitet haben, und auf eine löchrige Wand aus Lehm, in der sich Bienenfresser eingenistet haben. "Manches holt sich die Natur ja wieder zurück", sagt Hietz am Steuer seines VW. Ausgerechnet mit einem Golf fährt der ÖVP-Gemeinderat über die Fläche, die eigentlich einmal für den gleichnamigen Sport vorgesehen war: Es ist der Standort von Ebergassings nie gebautem Golfplatz.

Wobei Hietz die Golfplatzgeschichte nie geglaubt hat. Er habe schon immer geahnt, dass die Firma, die hier Aushubmaterial etwa vom Bau der Wiener U-Bahn deponiert hat, gar keine Sportanlage bauen will – sondern schlicht mehr Material aufschütten wollte. Denn während man als normale Deponie (vereinfacht gesagt) nur vorhandene Löcher stopfen darf, braucht man für einen Golfplatz ja Hügel. Und so wurde die Firma damals über Nacht zum Golf-Fan. Und brachte noch mehr Aushub nach Wienerherberg, einem Ortsteil von Ebergassing.

Der elfte Golfplatz in der Gegend

Tatsächlich stellte Hietz schon bei der Vorstellung der Pläne im Jahr 2013 die Frage in den Raum: "Wer sagt denn, dass der Golfplatz nach diesen neun Jahren wirklich gebaut wird und die Firma Huber das Gebiet nicht nur als günstige Deponie nutzen möchte?" Die Motive von damals lassen sich heute wohl nicht mehr klären, die Firma ist in Konkurs, manche der handelnden Personen sind bereits verstorben. Fakt ist: Der Golfplatz wurde nie errichtet. Dort, wo ursprünglich der elfte Golfplatz in der näheren Umgebung gebaut werden sollte, befindet sich jetzt nur eine unförmige Steppe. Die Firma hat allerdings zu ihren aktiven Zeiten stets beteuert, die Golfplatz-Idee ernsthaft zu verfolgen.

Das Material hat eben Bestand und Hietz’ Frust damit auch. Die aufgeschütteten Hügel würden nun zwar teilweise zuwachsen, aber oft nicht mit Pflanzen, die hierher passten, sagt der Landwirt. Überhaupt müsste man solche Trockenwiesen einmal im Jahr mähen – aber niemand kümmere sich darum.

Anton Hietz war von Anfang an skeptisch, was den Golfplatz angeht.
Foto: fellner

Angedrohter Kirchenaustritt

Der Gemeinderatsveteran gehörte immer schon zu den Gegnern der Deponie. Rund um das Jahr 2003 sind die Lkws hier Tag und Nacht gefahren, um Schutt abzuladen. Einen "Patzenaufstand in der Gemeinde" habe das gegeben. Die Deponiebetreiber wollten aber noch weitergehen und verhandelten mit der Erzdiözese über einen Grundstückstausch – der das Geschehen noch weiter an Wienerherberg herangetragen hätte. "Da habe ich mit dem Kirchenaustritt gedroht", erzählt Hietz. Die Erzdiözese hat den Deal dann abgeblasen.

Bürgermeister Roman Stachelberger (SPÖ) war damals ganz angetan von der Golfplatzidee. Er glaubt auch heute nicht, dass sie ein Schmäh war, um mehr deponieren zu können. Beim Status quo sind sich allerdings alle einig: "Dass die Fläche jetzt nicht ansehnlich ist, steht außer Zweifel." Derzeit stecke die Gemeinde noch in einem komplizierten verwaltungsrechtlichen Abwicklungsverfahren. Das werde sich noch ziehen, sagt Stachelberger. Eine Idee für die Nachnutzung gibt es allerdings: "So wie es heute ausschaut, wäre eine Photovoltaikanlage dort sicher vernünftig." Jeder wolle schließlich grüne, lokal produzierte Energie. Die Fläche sei groß genug.

Schwierige Einspeisung

Unkompliziert würde die Sache aber nicht. "Die Herausforderung ist: Wie bekomme ich den Strom von dort ins Netz? Das ist nicht so einfach." Die Infrastruktur für eine schnelle Einspeisung fehle in der Gegend.

Erfunden hat Stachelberger das mögliche Photovoltaikkraftwerk in Wienerherberg übrigens nicht. ÖVP-Fraktionschef Anton Hietz sagt, er habe das schon 2011 vorgeschlagen: "Damals bin ich ausgelacht worden." (Sebastian Fellner, 30.5.2022)