In Zeiten, als Österreichs Politik noch von erstklassigem Personal geprägt war, gab es in existenziellen Fragen der Republik einen Grundkonsens: So sehr sich Parteienvertreter im Alltag auch befetzen, es muss ein Mindestmaß an sachgerechter Auseinandersetzung geben, an Respekt und Fairness.

So war das, als das Land von einem Kanzler Franz Vranitzky, einem ÖVP-Chef Erhard Busek, von Alois Mock oder Ferdinand Lacina dominiert wurde. Bestens ausgebildete, erfahrene Leute. Auch damals wurde viel gestritten. Wenn es brenzlig wurde, fand man sich, historisch beim EU-Beitritt. Für das kleine, hochentwickelte Industrieland waren Öffnung und EU-Vernetzung mit Nachbarn lebenswichtig. Schnell und smart statt machtbewusst wie die Großen: ein Erfolgsgeheimnis.

Als Franz Vranitzky Kanzler war, gab es noch ein Mindestmaß an Respekt und Fairness unter Parteieinvertretern.
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Jörg Haiders destruktiver Populismus brach vernünftige Debatten auf. Er ist lange tot. Blickt man auf das Niveau heimischer Politik, könnte man meinen, Haiders Gift wirke in allen Parteien kräftig nach. Inhaltlich bescheiden, ist primitive Politik der schnellen Schlagzeile die Regel – in Regierung und Opposition. Die "Sager"-Offensive von SPÖ, FPÖ und ÖVP-Landeschefs zum Preisdeckel bei Strom und Gas zeigt es.

Solches zu fordern, ohne schlüssig zu begründen, wie das im offenen EU-Markt ohne Selbstbeschädigung funktionieren soll, ist billig. Drittklassiges Personal. EU-Kompetenz bei führenden Politikern? Das war einmal. Oberflächlicher Hausgebrauch genügt vielen, löst aber komplexe Probleme nicht. (Thomas Mayer, 13.7.2022)