Maree (sie wurde vom STANDARD anonymisiert) wurde von einem Tiktok-Star mit Blumen beschenkt und wurde damit unfreiwillig und ohne ihre Zustimmung zur Darstellerin in einem viralen Video.

Foto: Tiktok/Lifeofharrison

Der Tiktoker Harrison Pawluk ist mit einer für soziale Medien nicht immer selbstverständlichen Tugend erfolgreich: Er will einfach nur nett sein. Er nennt das "Random Act of Kindness". Dabei filmt sich der Australier, wie er für fremde Menschen im Supermarkt bezahlt, während diese abgelenkt sind, oder wie er zufälligen Personen auf der Straße Blumen schenkt. Die meisten Beschenkten freuen sich tatsächlich über die Aktionen des Tiktokers. Ganz uneigennützig ist das Verhalten des Australiers freilich nicht: Seine Videos generieren Millionen von Views und dürften dem jungen Mann zwischen 800 und 1.200 US-Dollar pro Clip einbringen.

Das meistgesehene Video des Kanals zeigt eine ältere Dame in einem Einkaufszentrum. Der Tiktoker spricht sie an und bittet sie, einen Strauß Blumen zu halten, während er sich eine Jacke anzieht. Danach wünscht Pawluk der Dame einen schönen Tag und zieht ab – natürlich ohne die Blumen wieder mitzunehmen. 60 Millionen Mal wurde das Video aufgerufen und über elf Millionen Mal geliket.

"Entmenschlicht" und "bevormundend"

Doch die Beschenkte kann mit dem Internetruhm wenig anfangen. In einem Interview mit ABC Radio Melbourne erklärte die Dame, die sich als Maree vorstellte, dass sie sich von dem Vorgehen des Tiktokers "entmenschlicht" fühlte. "Er hat meine Ruhepause unterbrochen, das Video ohne meine Zustimmung gefilmt und hochgeladen und etwas draus gemacht, das es einfach nicht ist", so Maree, deren Nachname nicht bekannt ist.

Denn: "Diese künstlichen Dinge sind keine 'zufälligen Akte der Freundlichkeit'. Es ist eine bevormundende Annahme, dass ältere Frauen darauf warten, Blumen von einem Fremden zu erhalten", so die Australierin weiter. Hätte Pawluk sie gefragt, ob er sie filmen darf, hätte sie mit Nein geantwortet. "Aber diese Möglichkeit wurde mir ja nicht gegeben." Nachdem sie in sozialen Medien als "ältere Dame mit einer herzzerreißenden Geschichte" beschrieben wurde, fühle sie sich entmenschlicht.

Video ist weiterhin online

Harrison Pawluk hat sich mittlerweile öffentlich bei Maree entschuldigt und sie gebeten, sich bei ihm zu melden, damit er persönlich um Verzeihung bitten könne. Wenn Maree es wünsche, werde er das Video entfernen, so Pawluk. Das hat der Tiktoker bislang aber nicht getan: Das Video steht weiterhin im Netz. (pez, 15.7.2022)