Alexander Van der Bellen will wieder Bundespräsident werden. Dafür braucht es erst eine Wahl. Und dafür einen Wahlkampf, den der amtierende Präsident offensichtlich eher analog anlegen will: viele Bürgerkontakte, ab und zu ein Interview – aber keine TV-Konfrontationen.

Alexander Van der Bellen wird Bundespräsident werden, ist ja quasi eh ausgemacht.
Foto: Heribert CORN

Das kann man hochmütig und abgehoben finden oder auch politisch klug: Wenn Van der Bellen mit Walter Rosenkranz, dem ernstzunehmenden Kandidaten der FPÖ, im Fernsehen diskutiert, muss er auch mit allen anderen reden: Marco Pogo von der Bierpartei etwa, dem Impfgegner Michael Brunner und dem ehemaligen BZÖ-Mann und nunmehrigen Fellner-TV-Schreihals Gerald Grosz. Eine Diskussion mit Pogo könnte durchaus interessant sein – Pogo hat mehr Tiefgang als sein Bierpartei-Ulk vermuten lässt. Ein TV-Duell mit Brunner und Grosz könnte hingegen, deren politischen Stil bedenkend, gleichermaßen den Kandidaten Van der Bellen und die Würde des Präsidentenamts beschädigen.

Eine Wahl ist eine Wahl

Das wirft die Frage auf, warum sich außer der FPÖ keine der etablierten, im Parlament vertretenen Parteien einen Gegenkandidaten zu Van der Bellen leisten wollte. Man mag ins Treffen führen, dass das Land derzeit andere Probleme habe, dass die Parteien unter leeren Kassen leiden und diese nicht strapazieren sollten für einen Wahlgang, in dem ohnehin der Amtsinhaber als Favorit gilt. Trotzdem. Es ist eine Frage demokratischer Selbstachtung für jede Partei.

Eine Wahl ist eine Wahl – und somit das höchste Gut in einer Demokratie. Es gilt sie ernst zu nehmen und darauf zu achten, dass die Bürgerinnen und Bürger als Souverän dieser Demokratie auch eine ernstzunehmende Auswahl an Kandidatinnen und Kandidaten haben. Die derzeitige Situation hat den seltsamen Beigeschmack der Packelei: Van der Bellen wird es werden, ist ja quasi eh ausgemacht. Das haben sich weder der Präsident noch das Amt verdient.

Ein Ausweg könnte ein Vorschlag des ehemaligen Präsidenten Heinz Fischer sein: die Amtszeit des Bundespräsidenten verlängern, dafür keine Wiederwahl ermöglichen. Dadurch wäre zumindest sichergestellt, dass sich alle Parteien bei der Wahl für das höchste Amt im Staat entsprechend engagieren. (Petra Stuiber, 16.7.2022)