Strache bei seinem Rücktritt nach dem Ibiza-Video im Mai 2019.

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Wien – So einen tiefen Einblick in die Welt der staatlichen Infrastrukturkonzerne bekommt man nur selten: Am Donnerstag waren gleich mehrere Manager von ÖBB und Asfinag geladen, um im Korruptionsprozess gegen Heinz-Christian Strache und Unternehmer Siegfried Stieglitz auszusagen.

Sie sollten beschreiben, ob – und wenn ja, wie – Strache sich für Stieglitz starkgemacht hatte, was laut Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ja mit einer Spende von Stieglitz und einer Reiseeinladung an Strache zu tun habe.

Trauzeugen

Zu diesen Anklagepunkten war nur wenig Erhellendes zu erfahren: Wie schon zuvor die beiden Ex-Verkehrsminister Norbert Hofer und Andreas Reichhardt (beide FPÖ), betonten auch Straches Vizekabinettschef Philipp Trattner, sein Vater, der frühere ÖBB-Holding-Aufsichtsratsvorsitzende Gilbert Trattner sowie FPÖ-Verhandler Arnold Schiefer sinngemäß, Strache habe seinen guten Freund Stieglitz zwar empfohlen, aber seine Bestellung in Aufsichtsräte von ÖBB (das klappte nicht) und Asfinag (das klappte ab 2018) nicht brachial gefordert.

Viel erfuhren Prozessbeobachter dafür über das Milieu, in dem sich Teile der Managerschaft in den Verkehrsbetrieben bewegen. Man ist einander meist eng verbunden: Der frühere Asfinag-Aufsichtsratschef Peter Franzmayr sei sein Trauzeuge gewesen, bestätigte Asfinag-Vorstandsdirektor Hartwig Hufnagl vor Gericht. Hufnagl habe damals im Kabinett Hofer gearbeitet, dann sei er wieder in die Asfinag gewechselt und unter anderem von seinem Trauzeugen bestellt worden.

Widersprüchlichkeiten

Dort traf er dann eben auf Stieglitz, der seinen Bruder in der Asfinag unterbringen wollte. Vor der Richterin meinte Hufnagl, dass er das gleich mit Hinweisen auf die Compliance unterbunden habe; doch Stieglitz stellte das anders dar. Vielmehr habe ihm sein Bruder erzählt, Hufnagl sei mit der Idee eines Jobs auf ihn zugekommen. Stieglitz habe dann ein Gutachten bei der WU-Professorin Susanne Kalss in Auftrag gegeben, ob sein Aufsichtsratsmandat die Anstellung seines Bruders verhindern könnte. Zur Überraschung von WKStA und Richterin legte Stieglitz’ Verteidiger Andreas Pollak das Gutachten dann vor; Hufnagl gab an, sich daran nicht erinnern zu können.

Überhaupt scheint bei der Asfinag eine interessante Auslegung von Compliance-Richtlinien geherrscht zu haben: Hufnagl, der Vorstandsdirektor, habe sich von Stieglitz bei Immobiliengeschäften beraten lassen, räumte er ein.

Eng waren die Bande aber auch bei den ÖBB: Dort gelangte wiederum Straches Trauzeuge, der Wärmepumpenhersteller Karl Ochsner, in den Aufsichtsrat (wie übrigens auch bei der Staatsholding Öbag). Diesen Posten hätte Stieglitz eigentlich auch gern gehabt, er sei "versessen darauf" gewesen, beschrieb es der ehemalige ÖBB-Holding-Aufsichtsratschef Gilbert Trattnig.

Ein Platz für Stieglitz

Dessen Sohn, der in Straches Kabinett war, hatte ebenfalls von Stieglitz’ Ambitionen mitbekommen; sich aber laut eigenen Angaben wegen der Rolle seines Vaters bei den ÖBB nicht darin involviert.

Warum er dann in SMS davon schrieb, dass ein Platz in den ÖBB für Stieglitz frei sei? Das habe er am Rande mitbekommen, so Trattner junior.

Am Dienstag wird mit weiteren Zeugen fortgesetzt, ein Urteil ist frühestens für Freitag in einer Woche zu erwarten. (fsc, gra, 21.7.2022)