Erbitterte Gegner in der Debatte: Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) und Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ).

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Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) musste sich in letzter Zeit viel anhören – nun auch von seiner Ehefrau. Die Vorarlberger SPÖ-Landesvorsitzende und praktische Ärztin Gabi Sprickler-Falschlunger richtete ihrem Mann per Presseaussendung aus, dass das Aus für die Corona-Quarantäne ab August angesichts der Herbstwelle "mit Sicherheit die falsche Entscheidung" sei. Auch darüber hinaus flaute die rote Wut darüber, dass sich Corona-Infizierte nach Rauchs Plan bald nur noch Verkehrsbeschränkungen unterwerfen müssen, nicht ab.

Ganz im Gegenteil. Besonders harsch legte Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) nach: "Das Theater für Herbst und Winter ist vorprogrammiert. Spätestens im September fliegen uns die Zahlen um die Ohren." Der Sozialdemokrat hält es für möglich, dass spätestens im November ein Lockdown wieder zu einem ernsthaften Thema werden könnte, da im Herbst eine Überlastung der Spitäler drohe. Zum Teil seien diese sogar schon jetzt überfordert. Dass beispielsweise Wien doch noch einen strengeren Weg einschlägt, scheint unrealistisch. Denn Rauch hat die neuen Regeln bereits in eine Verordnung gegossen, die bundesweit gelten wird. Juristische Spielräume dürfte es nicht geben. Das mussten sowohl Hacker als auch Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) zähneknirschend hinnehmen – ebenso den Umstand, dass Rauch die Verordnung dem Vernehmen nach noch vor Ablauf der Begutachtungsfrist unterschrieben hat.

Von der Pflicht zur Vernunft

Im Gesundheitsministerium sieht man das Quarantäne-Aus gelassen. Rauch hat erst unlängst am Rande der Bregenzer Festspiele mit seinem Schweizer Amtskollegen über ein Aus der Corona-Quarantäne gesprochen. Dort verzichtet man seit April auf die Absonderung Infizierter, die Spitäler habe das nicht überlastet. Dies werde auch hierzulande nicht eintreten, ist man in Rauchs Ressort überzeugt.

Aber wie soll die Maskenpflicht für Infizierte überhaupt kontrolliert werden? Im Gesundheitsministerium ist man sich dessen bewusst, dass das nicht flächendeckend möglich sein wird. Das sei auch schon bei der Quarantäne so gewesen – hier habe es stichprobenartige Kontrollen gegeben. Bei der Maskenpflicht für Infizierte setzen Rauch und Co also auf die bloße Vernunft. Was bleibt, sind die Verwaltungsstrafen, sollte sich jemand nicht an die Maskenpflicht halten.

Begleitend wird ab August auch die Möglichkeit der Dienstfreistellung für Risikogruppen wiedereingeführt, ebenso die elektronische Krankschreibung. "Wer krank ist, bleibt zu Hause", betonte Rauch, der in der ZIB 2 bestritt, dass er vor der Entscheidung von der Wirtschaft unter Druck gesetzt worden sei. Bei Detailfragen zur Umsetzung wich der Minister aus.

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Als Gesundheitsminister nicht zuständig fühlt sich Rauch für Fragen wie jene, wie positiv getestete Mitarbeiter acht Stunden in einem Großraumbüro arbeiten sollen – wenn sie die Maske nicht abnehmen und somit etwa auch nichts können. Die Unternehmen und die Arbeitnehmervertreter hätten schon viele Lösungen gefunden in der Pandemie, merkte er an. Nicht zulässig wäre es, dass Mitarbeiter aus Angst vor Ansteckung durch Corona-positive Kollegen dem Arbeitsplatz fern bleiben, betonte Rauch – und verwies darauf, dass es mittlerweile Medikamente gebe, die vor schweren Verläufen schützen.

An der Stadt Wien liege es zu entscheiden, was Eltern positiv getesteter, aber symptomfreier Kindergartenkinder tun sollen – wenn etwa in Wien oder anderen Städten der Kindergartenbesuch mit Infektionskrankheiten untersagt ist und es auch keine Sonderbetreuungszeit mehr gibt. Wenn ein Kind keine Symptome habe, könne man es mit Maske in der Kinderbetreuung abgeben, meinte Rauch – nachdem er erklärt hatte, dass Eltern verantwortungsbewusst seien und "kein Mensch auf die Idee kommt, Kinder mit Windpocken irgendwohin zu schicken".

In einer Pressekonferenz am Dienstagnachmittag befand Rauch, dass man insgesamt eine "gute Balance" zwischen dem Schutz vulnerabler Gruppen und andererseits wirtschaftlichen Interessen gefunden habe.

Ab August werde jedenfalls begleitend zur neuen Verordnung auch wieder die Dienstfreistellung für Risikogruppen eingeführt. Die Kosten, die Unternehmen dadurch entstehen, würden voll übernommen, sagte Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) vor Journalisten. Diese Regelung werde einmal bis Oktober befristet eingeführt und gegebenenfalls verlängert. Auch die elektronische Krankmeldung werde wieder möglich. (Jan Michael Marchart, Stefanie Rachbauer, APA, 26.7.2022)