James Lovelock, hier im Jahr 2014, war nicht nur Ökologe, sondern auch ein Erfinder: Das Foto zeigt ihn mit einem von ihm entwickelten Gaschromatografen.

AP / Nicholas T. Ansell

An seinem 103. Geburtstag ist der britische Wissenschafter James Lovelock gestorben, der Miturheber der sogenannten Gaia-Hypothese. Das berichtete der "Guardian" unter Berufung auf die Familie des Forschers. Sein Gesundheitszustand hatte sich vor sechs Monaten nach einem schweren Sturz zusehends verschlechtert. Bis dahin sei er aber in der Lage gewesen, nahe seinem Haus in Dorset die Küste entlangzugehen und an Interviews teilzunehmen

Der 1919 in London geborene Chemiker, Biophysiker und Mediziner arbeitete nach seinem Studium in den Vierziger- und Fünfzigerjahren im Nationalen Institut für medizinische Forschung in London. Dabei untersuchte er unter anderem die Effekte von Temperaturen auf lebende Organismen. Dazu fror Lovelock unter anderem Hamster ein und taute sie mehr oder weniger erfolgreich – also meist lebend – wieder auf. In diesem Zusammenhang wurde auch der Einsatz von Mikrowellen vorweggenommen, wie Lovelock mit 101 Jahren in diesem sehenswerten Video en détail erläutert:

Tom Scott

Einflussreiche Gaia-Hypothese

In den Sechzigerjahren wirkte Lovelock an den Mond- und Marsprogrammen der US-Raumfahrtbehörde Nasa im Jet Propulsion Laboratory in Pasadena in Kalifornien mit. Von ihm mitentwickeltes Gerät befindet sich immer noch am Roten Planeten. Mit der US-Mikrobiologin Lynn Margulis entwickelte er damals auch die Gaia-Hypothese, sein wohl wichtigstes Vermächtnis. Sie besagt, dass die Erde als ein sich selbst regulierender Organismus fungiert, der aus all seinen Lebensformen besteht.

"Viele Menschen halten es für unsere wichtigste Aufgabe, den Planeten zu retten, aber das ist mit Sicherheit vermessen", sagte Lovelock einmal. Wir seien zwar eine mächtige Spezies, aber Teil eines noch viel mächtigeren Systems. Unsere wichtigste Aufgabe sei vielmehr, uns selbst zu retten – damit verbunden sei die Verantwortung für die Lebewesen und Ökosysteme der Erde, auf denen unser Leben nun einmal basiere.

Bedeutender Ökologe

Die Zeitung "Guardian" strich hervor, dass Lovelocks Entdeckungen "einen immensen Einfluss auf unser Verständnis der globalen Auswirkungen der Menschheit und auf die Suche nach außerirdischem Leben" gehabt hätten. Auch der deutsche Klimaforscher Stefan Rahmsdorf war von Lovelock beeinflusst, wie er kürzlich tweetete:

Zuletzt wurde der bedeutende Umweltforscher wegen seiner Unterstützung für die Atomkraft aber auch kritisiert.

Lovelock starb am Dienstagabend in Gegenwart von Familienmitgliedern ein seinem Haus. In einem seiner letzten Interviews, das er dem "Guardian" gab, meinte er retrospektiv nicht ganz richtig: "Die Biosphäre und ich sind im letzten Ein-Prozent unseres Lebens." Bleibt zu hoffen, dass auch der Biosphäre noch fast doppelt so viel Zeit bleibt. (red, 28.7.2022)