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PRO: Steuer auf Zeit

von Regina Bruckner

Anhaltende Teuerung, bis zum Zerreißen gespannte Haushaltsbudgets, Leute, die nicht wissen, ob sie ihre Strom- und Gasrechnung noch bezahlen können. Mit dem Fortschreiten der Krise steigt der Druck – nicht nur auf jene, die sich schwertun oder außerstande sind, die Folgen der Energiekrise zu verdauen. Auch die Rufe werden wieder lauter, Energieriesen mit einer Sondersteuer auf die in diesen außerordentlichen Zeiten erwirtschafteten Übergewinne zu belasten. Es geht um die bekannten "Windfall-Profits". Und dabei geht es nicht um Peanuts.

Unternehmen, die Zufallsgewinne einfahren, stärker zur Kassa zu bitten, ist naheliegend – und bei weitem keine Idee von Regierungen, die staatlichen Eingriffen das Wort reden. In Italien hatte der frühere Investmentbanker und mittlerweile zurückgetretene Regierungschef Mario Draghi eine solche Abgabe sogar noch angehoben. Auch EU-Kommissionsvizin Margrethe Vestager sprach sich im Energiesektor dezidiert für Maßnahmen wie Steuern auf Übergewinne aus.

Selbstverständlich muss man sich genau überlegen, was ein Übergewinn ist und wie hoch diese Steuersätze sinnvollerweise sein sollen. Das Wichtigste: Diese Steuern gehören nach Abklingen der Krise wieder abgeschafft . Derzeit spricht aber viel für eine Abschöpfung der Sonderprofite. Damit Geld in die Staatskassa fließt, um die Folgen für besonders betroffene Verbraucher und Verbraucherinnen abfedern zu können. (Regina Bruckner, 9.8.2022)

KONTRA: Hirn statt Schmalz

von Günther Strobl

Die Einhebung einer Steuer auf übermäßig hohe Gewinne klingt angesichts galoppierender Energiepreise und laut klingelnder Kassen einzelner Unternehmen schmalzig und gut, sie ist aber nicht durchdacht. Denn was, bitte schön, sind übermäßig hohe Gewinne? Will man den Gewinn mit dem der Vorjahre vergleichen, ist das schon schwierig, zumal 2020 und 2021 pandemiebedingt alles andere als normale Jahre waren. Zieht man andere Referenzzeiträume heran, kommt man zu völlig unterschiedlichen Übergewinnen, der Willkür wäre Tür und Tor geöffnet.

Außerdem: Übergewinne haben in einer Marktwirtschaft durchaus eine Funktion. Sie entstehen, weil die Nachfrage plötzlich steigt oder das Angebot sinkt; sie signalisieren anderen, in den Markt einzusteigen. So geschehen kurz nach Ausbruch von Corona. Die Maskenhersteller haben sich im Frühjahr 2020 goldene Nasen verdient. Auch das waren Übergewinne, die man hätte besteuern können. Dadurch, dass andere Teilnehmer in den Markt drängten und Masken produzierten, gingen die Übergewinne zurück, Masken wurden wesentlich billiger.

Um Härten abzufedern, ist eine Umverteilung mit Hirn statt Populismus angezeigt. Bund und Länder können über eine Sonderdividende an den sprudelnden Einnahmen einzelner Energieunternehmen partizipieren, schließlich sind sie in den meisten Fällen Mehrheitseigentümer. Sie müssen es nur tun. (Günther Strobl, 9.8.2022)