Handschriftliche Briefe oder Dokumente zu verfassen kann bei motorischen Einschränkungen oder nach einem Schlaganfall zu einer anstrengenden und teils schmerzhaften Herausforderung werden.

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Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. Und so ist wohl auch der klobige AWP-Pen des amerikanischen Designers Edward Dyer nicht für jede Person geeignet. Für Bernhard Schwartz ist die Ästhetik des neuen Schreibgerätes jedoch von untergeordneter Bedeutung.

Der Assistenzprofessor der FH Gesundheitsberufe Oberösterreich interessiert sich primär für seine Eignung bei der Rehabilitation von Patientinnen und Patienten mit Einschränkungen der Schreibfähigkeit.

Krämpfe und Schmerzen mildern

Im Rahmen einer Studie mit 34 Teilnehmenden hat er untersucht, wie sich die Nutzung des AWP-Pen auf die Muskelermüdung, den Schreibkomfort und die Schreibleistung auswirkt. So sollte herausgefunden werden, ob der Stift Menschen mit motorischen Einschränkungen der Schreibhand eine Erleichterung bringt. "Der Stift hat eine große Auflagefläche, er liegt an Daumen, Zeigefinger, Mittelfinger und sogar am Ringfinger auf", sagt Schwartz. "Eine größere Fläche bedeutet weniger Kraftaufwand. Somit sollten auch Menschen, die keinen starken Pinzettengriff schaffen, damit schreiben können. Das war unsere Grundannahme, die wir überprüft haben."

Dazu mussten die Probandinnen und Probanden mehrere Aufgaben mit dem AWP-Pen sowie mit einem herkömmlichen Vergleichsstift durchführen. Beispielsweise Punkte exakt in immer kleinere Kreise setzen, besonders schnell schreiben oder den Stift möglichst fehlerfrei durch ein vorgegebenes Labyrinth führen.

Umfangreiche Fragerunde

Eine 15-minütige Schreibeinheit sorgte für Dauerbelastung. Nach jedem Testlauf gab es eine umfangreiche Fragerunde, bei der nicht nur körperliche Reaktionen wie Müdigkeit oder Schmerzen im Arm abgefragt wurden, sondern auch Parameter wie Anwenderfreundlichkeit oder allgemeine Zufriedenheit mit dem Schreibgerät. Die Resultate sind ermutigend.

Mindestens zwei Drittel der an der Studie teilnehmenden Personen empfanden physiologische Parameter wie den Druck in den Fingerspitzen oder Verkrampfungen mit dem neuen Stift "besser" oder sogar "signifikant besser" als mit dem Vergleichsmodell.

Eine umgekehrte Tendenz zeigt sich hingegen bei den Leistungswerten wie Schreibgeschwindigkeit und Positioniergenauigkeit – hier kann der ergonomische Stift weniger stark punkten.

Training nach Schlaganfällen

Für Schwartz ist das allerdings nicht unbedingt ein Nachteil: "Für Menschen, die sonst gar nicht schreiben können, ist ein wenig Einbuße in der Schreibleistung egal. Für sie ist wenig Leistung besser als gar keine." Aus ethischen Gründen waren die 34 Versuchspersonen gesunde Menschen ohne körperliche Einschränkungen.

Die Resultate rechtfertigen nun, im nächsten Schritt Tests mit tatsächlich Betroffenen durchzuführen. Das könnten etwa Schlaganfall-Patientinnen und -Patienten sein oder Menschen, die unter Paresen oder Spasmen leiden.

Der Designer des neuartigen Schreibgeräts hat darüber hinaus auch angekündigt, Ergebnisse der Studie in künftige Verbesserungen des Stiftes einfließen zu lassen. (Raimund Lang, 16.8.2022)