Das Schreiben übers Wandern hat bereits eine lange literarische Tradition, die in den letzten Jahren noch einmal einen gehörigen Boom erlebt hat. Das Konzept ist meistens ähnlich: Der Autor oder die Autorin erzählt von einer persönlichen Sinnkrise oder einer schwierigen Lebensphase, in der die Idee entstand, eine längere Wanderung anzutreten. Man erhofft sich davon, ein wenig Abstand zur belastenden Situation zu gewinnen und unterm Strich auf die eine oder andere Art zu sich selbst zu finden.

Literarische Wanderberichte: Welches Buch ist Ihr Favorit?
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Auf dem Jakobsweg: Selbstfindung per pedes

Ein wichtiges Buch, das in diesem Kontext zu nennen ist, stellt den vielleicht bekanntesten zeitgenössischen Bericht über eine Wanderung auf dem Jakobsweg dar: "Ich bin dann mal weg" von Hape Kerkeling (2006). Der populäre deutsche Comedian litt im Jahr 2001 an gesundheitlichen Problemen, die ihn psychisch so belasteten, dass er sich zu einer Auszeit entschloss – während der er eine Pilgerreise nach Santiago de Compostela antrat. Ein Ziel, bei dem eine gewisse spirituelle Komponente mitschwingt, auch wenn man selbst nicht gläubig im klassischen christlichen Sinne ist.

Behandelt werden in dieser Art Literatur generell die psychischen und physischen Herausforderungen, die eine lange Wanderung zu Fuß mit sich bringt, während der man für gewöhnlich "aus dem Rucksack" lebt. Wie gut die eigene Kondition ist, zeigt sich zumeist erst dann, wenn man über mehrere Wochen dutzende Kilometer pro Tag zurücklegt. Und auch zum Reflektieren über das eigene Leben findet man auf Gewaltmärschen wie diesen meist ausreichend Gelegenheit. Wer beim Schreiben über eine solche Erfahrung noch eine Prise Witz mitbringt, kann damit meist auch die Leserschaft für sich gewinnen. Was vor ihm bereits andere wie Paulo Coelho und Shirley MacLaine literarisch verarbeitet hatten, wurde aus Kerkelings Feder jedenfalls zum Bestseller.

Wandermemoiren: Eine ganz eigene Form der Reiseliteratur

Neben Kerkelings Bericht über den Jakobsweg gibt es noch zahlreiche andere Beispiele für Wandermemoiren, die auf namhaften Wegen angesiedelt sind – beispielsweise "Picknick mit Bären" ("A Walk in the Woods") von US-Reiseautor Bill Bryson. Schauplatz seiner unterhaltsamen Schilderungen ist einer der längsten Fußwege der Welt, der Appalachian Trail, der 3.500 Kilometer lang quer durch zwölf Bundesstaaten der USA führt und von Bryson und seinem Freund Stephen Katz, beide bereits älteren Semesters und nicht die Fittesten, bewandert wird.

Den rund 4.265 Kilometer langen Pacific Crest Trail im Westen der Vereinigten Staaten angetreten und dieses Erlebnis schreibender Weise verarbeitet hat dagegen die Autorin Cheryl Strayed in ihrem Buch "Der große Trip: Tausend Meilen durch die Wildnis zu mir selbst" ("Wild: A Journey from Lost to Found"). Beide Werke wurden übrigens auch verfilmt, wobei für "Picknick mit Bären" Robert Redford, für "Wild" Reese Witherspoon vor der Kamera stand.

Ein weiteres Beispiel für ein solches Buch ist "Der Salzpfad", der Bericht über eine Wanderung auf dem South West Coast Path, Großbritanniens längstem ausgeschildertem Fernwanderweg, auf den sich die Engländerin Raynor Winn gemeinsam mit ihrem gesundheitlich angeschlagenen Mann begeben hat. Das ältere Paar ging dort auf Wanderschaft, nachdem es durch eine Verkettung unglücklicher Umstände sein Haus und fast sein gesamtes Hab und Gut verloren hatte.

Ein Genre nach Ihrem Geschmack?

Lesen Sie gern derlei Berichte über real absolvierte Wanderungen – und welcher hat Sie besonders beeindruckt? Machen Ihnen solche Bücher Lust, selbst die Wanderschuhe zu schnüren? Lassen Sie lieber beim Lesen über Panoramawege Ihre Phantasie spielen – oder bevorzugen Sie spektakuläre Filmaufnahmen? Berichten Sie im Forum! (dahe, 24.8.2022)