Veronika Weissenböck von Vier Pfoten Österreich argumentiert in ihrem Gastkommentar, warum billiges Fleisch unsozial ist.

Die grassierende Teuerungswelle ist verständlicherweise derzeit das dominierende Thema in den Medien. Die Nachricht, dass der Absatz von Bio-Fleisch eingebrochen ist, ist daher kaum überraschend; gerade bei den Lebensmitteln lässt sich schnell und effektiv Geld einsparen. Bei tierischen Produkten wie Fleisch, Eiern oder Milch allein auf den Preis zu achten, ist falsch. Überspitzt gesagt: Es darf auch in Zeiten der Teuerung kein Recht auf das tägliche Billigschnitzel geben.

Darf man aber überhaupt Menschen, die täglich buchstäblich um ihr Auskommen kämpfen, nahelegen, weniger und wenn teureres Fleisch aus besseren Haltungsbedingungen zu konsumieren? Dazu ist zunächst zu sagen: Nichts ist so unsozial wie Billigfleisch. Gerade Covid-19 hat uns die Bedingungen von Arbeiterinnen und Arbeitern in Schlachthöfen und Fabriken deutlich gemacht. Großteils sind die Beschäftigten Zugewanderte, die systematisch ausgebeutet werden und deren Entlohnung kaum zum Leben reicht.

Was ist uns gutes Fleisch wert? Tatsache ist: In Österreich wird generell zu viel Fleisch konsumiert.
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Schon allein das Wort "billig" im Zusammenhang mit niedrigen Preisen für Fleisch ist irreführend. Denn es gibt kein billiges Fleisch. Im Gegenteil: Schleuderpreise, wie sie regelmäßig in Supermärkten oder in der Gastronomie angeboten werden, kommen uns alle teuer zu stehen. Gerade vermeintlich billig hergestellte tierische Lebensmittel verursachen hohe externe Kosten, die im Preis nicht berücksichtigt werden. Das betrifft zunächst einmal die Subventionen, die nicht nur über die EU-Förderungen kommen, sondern auch hierzulande an die Landwirtschaft gezahlt werden. Das Agrarbudget 2020 etwa setzte sich aus mehr als einer Milliarde Euro aus den Töpfen der EU, 419 Millionen Euro vom Bund und weiteren 544 Millionen Euro aus den Bundesländern zusammen. Letztendlich zahlen diese Förderungen wir alle über unsere Steuern und Abgaben.

Außerdem führt die Produktion tierischer Lebensmittel im Vergleich mit den pflanzlichen Alternativen zu hohen Umweltkosten. Die negativen Auswirkungen intensiver landwirtschaftlicher Produktion auf unsere Umwelt wie Bodendegradation, Biodiversitätsverlust und Treibhausgasemissionen verursachen genauso finanzielle Belastungen wie die Grundwasseraufbereitung, Unwetter oder Dürren als Folge des Klimawandels und des Verlusts des Regenwaldes, weil für Futtermittelflächen vernichtet werden.

Teurer billiger Preis

Teuer kommt der billige Preis auch die Landwirtschaft zu stehen, die für ihre Produkte keine fairen Preise bekommt und immer häufiger um ihre Existenz kämpft. Es ist nicht nur für sie bitter, wenn hochwertige Nahrungsmittel, für die ein Tier sterben musste, in den Supermärkten verramscht werden. Wenn Lebensmittel zur Wegwerfware werden, bricht uns buchstäblich unser gesamtes Wertesystem zusammen.

Und dann wäre da noch die Frage der Gesundheit. Laut der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung essen wir hierzulande mit rund 60 Kilogramm pro Kopf im Jahr dreimal so viel Fleisch, wie uns eigentlich gut täte. Die Folgen sind unter anderem Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Übergewicht, Diabetes und Rheuma – und damit auch hohe Gesundheitsfolgekosten.

Zu guter Letzt geht es auch um die Nutztiere, die in unserer Obhut stehen und auch in Österreich nach wie vor zu großen Teilen auf engstem Raum zusammengepfercht und ohne Betäubung verstümmelt und kastriert werden, die außer am Tag ihrer Schlachtung nie das Sonnenlicht sehen und ihre eigentlichen artspezifischen Bedürfnisse nicht ausleben dürfen. Eines ist klar: Niedrige Preise zementieren immer auch niedrige Haltungsbedingungen.

Gute Lösungsansätze

Tierschutz darf jedoch nicht gegen die soziale Frage ausgespielt werden. Im Gegenteil: Ich bin überzeugt davon, dass Tierschutz perfekt mit dem Kampf gegen Armut zusammengeht und auch Umwelt und Gesundheit damit zusammenhängen. Allerdings sind wir Konsumentinnen und Konsumenten hier nicht hauptsächlich zur Verantwortung zu ziehen, sondern die Politik. Es gäbe gute Lösungsansätze wie etwa eine Umstellung des Fördersystems, ein Verbot von Preisaktionen bei Fleisch und vor allem endlich eine transparente Kennzeichnung unserer Lebensmittel nach Herkunft und Haltung. In jedem Fall kommen wir aber nicht drum herum, unseren Fleischkonsum zu senken. In Österreich hat die Regierung allerdings den Beitrag, den eine Fleischreduktion für Mensch, Umwelt und Tier leisten kann, noch kaum wahrgenommen, geschweige denn Maßnahmen ergriffen. (Veronika Weissenböck, 25.8.2022)