Ein erwachsener Östlicher Kaiseradler mit zwei Jungvögeln im Nest.
Foto: Imago / Nature Picture Library / Wothe

Im Vergleich zu den vergangenen Jahrzehnten ist die Statistik nicht schlecht: Galt der Kaiseradler in Österreich bis vor etwa 20 Jahren noch als ausgestorben, konnte er mittlerweile wieder angesiedelt werden. Der Bestand weitet sich hierzulande langsam aus. Im Frühjahr 2019 wurden 22 Brutpaare gezählt, in dieser Saison schon 34 Paare, wie die Vogelschutzorganisation Birdlife am Mittwoch mitteilte.

Während im vergangenen Jahr 30 Paare 50 junge Kaiseradler so weit aufziehen konnten, dass sie flügge wurden und das Nest verließen, sorgten die 34 diesjährigen Paare vergleichsweise für etwas weniger Nachwuchs, nämlich für 48 Jungtiere. "Es fand eine weitere Verdichtung des Vorkommens und eine leichte Ausbreitung nach Westen statt. Im Zuge unserer Arbeit haben wir heuer allerdings festgestellt, dass im Vergleich zu den Vorjahren mehr Bruten aufgegeben wurden", resümiert Greifvogelexperte Matthias Schmidt.

Angeschossener Adler Artemisia

Schuld an der kleinen Zahl der Jungtiere sei insbesondere ein verhältnismäßig kalter April gewesen. "Das betrifft vor allem die Bruten in der offenen Agrarlandschaft, wo Störungen häufiger auftreten als im Wald. Auch etliche junge, unerfahrene Kaiseradler versuchten sich erstmals im Brutgeschäft und scheiterten", sagt Schmidt. So bedürfe es nach wie vor des Schutzes der Kaiseradler.

Seit Jahresbeginn gab es mindestens drei tote Kaiseradler. Der Rekordadler Artemisia wurde im Mai in Zurndorf im Burgenland angeschossen und musste eingeschläfert werden. Ein zweiter Vogel wurde Anfang des Jahres bei Orth an der Donau in Niederösterreich tot aufgefunden, und der dritte Kaiseradler, ein Jungvogel, wurde vergangene Woche schwer verletzt im Burgenland geborgen und musste ebenso eingeschläfert werden, meldete die Vogelschutzorganisation.

Höhere Dunkelziffer

Bei einer so geringen Tierzahl stelle jeder einzelne Verlust eine Gefährdung des Bestandes der streng geschützten Kaiseradler dar. "Das sind allerdings nur die bekannten Fälle, und die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen", sagt der Experte.

Die illegale Verfolgung der Tiere sei weiterhin die häufigste Todesursache für Greifvögel in Österreich. "Die Rahmenbedingungen zum Schutz der Greifvögel gehören verbessert", fordert Birdlife. Allem voran müsse das jagdliche Aneignungsrecht für diese Arten optimiert werden, um etwaigen Vertuschungen und Verschleierungen vorzubeugen. Schmidt zufolge brauche es zudem "Verbesserungen bei der Strafverfolgung sowie entsprechende Ressourcen für die Ermittlungsarbeiten der Exekutive, um eine konsequente Ahndung zu ermöglichen".

Der imposante Raubvogel hat es hierzulande nicht leicht.
Foto: Hohenegger / BirdLife

Diesen Sommer hat Birdlife sieben junge Kaiseradler mit GPS-Sendern versehen. "Das primäre Ziel ist, mehr über die Raumnutzung, Lebensweise und Gefährdungsursachen der Kaiseradler zu erfahren", erklärt der Greifvogelexperte. Die Senderdaten würden vor allem bei illegaler Verfolgung der Vögel helfen und die Chance erhöhen, Täter zu finden.

Ein bis drei Jungvögel

Der Östliche Kaiseradler (Aquila heliaca) unterscheidet sich von jener Art, die auf der Iberischen Halbinsel vorkommt (Aquila adalberti). Sein Ausbreitungsgebiet erstreckt sich vom Südosten Zentraleuropas bis nach China. Er zählt zu den größten Adlerarten Europas und beeindruckt Beobachterinnen und Beobachter mit einer Körperlänge von 72 bis 83 Zentimetern. Bei der Flügelspannweite bringt er es auf majestätische 180 bis 210 Zentimeter.

Weibchen werden allgemein etwas größer und schwerer als Männchen. Kaiseradler ziehen meist mit etwa vier Jahren erstmals erfolgreich Junge auf. Die Brutzeit erstreckt sich von März bis August. Ihren Horst erbauen Kaiseradler im Wipfelbereich höherer Bäume. Nach rund 42 Tagen Brutzeit schlüpfen ein bis drei Jungvögel. Die Raubvögel ernähren sich vor allem von kleinen Säugetieren – Hamstern und Zieseln etwa – sowie kleinen bis mittelgroßen Vögeln wie Tauben und Rabenvögeln. Weil sie global zu den gefährdeten Tierarten gezählt werden, stehen sie in der Europäischen Union unter Schutz. (APA, red, 24.8.2022)