Bei uns daheim heißen Wespen "Wepsn". Das klingt schon ein wenig nach lästigen Viechern. Jede und jeder kennt jemanden, der schon gestochen wurde, oder kennt zumindest jemanden, der jemanden kennt, der schon gestochen wurde.
Auch die Weibchen der Feldwespen, die ich diesmal vor den Vorhang bitte, haben einen Stachel. Aber um mit diesem Bekanntschaft zu machen, muss man sich schon recht blöd anstellen – wie zum Beispiel ich, als ich die freiliegenden Waben einer kleine Kolonie mit einer Nahlinse fotografieren wollte, also ungefähr nur einen Zentimeter Abstand hielt und so Alarmstufe Rot im Nest auslöste.
Lange Hinterbeine
Im Normalfall sind Haus-Feldwespen (Polistes dominula) aber außerordentlich friedliche Geschöpfe, die sich überhaupt nicht für uns interessieren. Außer am Brombeerstrauch ist mir heuer auch noch keine beim Essen begegnet. Die harmlosen Insekten sind recht gut schon im Flug zu erkennen, sie lassen dabei immer die langen Hinterbeine lässig herunterhängen.
Bei uns hausen sie im Gartenhäuschen. Königinnen, die oft gemeinsam überwintern, gründen jedes Jahr ein neues Nest, irgendwann übernimmt die Alpha-Wespe das Kommando im Matriarchat und sorgt für Nachkommen. Unter den männlichen Drohnen gibt es regelrechte Balzwettkämpfe.
Neuer Name
Das Nest wird aus einem Papierbrei aus Holz und Speichel gebaut. Deswegen sind die Baumeisterinnen auch als Papierwespen bekannt. Im Nest gibt es sogar eine Klimaanlage: Wird es zu heiß für die Larven, sorgen die Wespen mit Flügelschlägen für Kühlung. Wespenfans kennen die Haus-Feldwespe vielleicht noch als Gallische Feldwespe, doch die Wissenschaft hat sie vor ein paar Jahren umgetauft, weil sich durch DNA-Vergleiche neue Verwandtschaftsverhältnisse ergaben. (Michael Simoner, 31.8.2022)