"Die Steiermark befindet sich in einer Kinderkrippen- und Kindergartenkrise", sagte Neos-Klubobmann Swatek. Mikl-Leitner will Niederösterreich zum "Kinderösterreich" machen (Symbolbild).

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Graz / Maria Taferl – Kurz vor Beginn des neuen Kindergartenjahres können in der Steiermark nicht alle Gruppen wie geplant die Pforten öffnen – Grund ist fehlendes Personal. Am stärksten betroffen ist Graz, denn da können nach Auskunft zweier Träger acht Gruppen gar nicht gebildet werden, 15 weitere müssen von Ganztags- auf Halbtagsbetreuung umstellen. Neos Steiermark legten am Mittwoch einen Fünfpunkteplan mit Maßnahmen vor, die von der Landesregierung präsentierten Pläne würden nicht reichen.

"Die Steiermark befindet sich in einer Kinderkrippen- und Kindergartenkrise", sagte Neos-Klubobmann Niko Swatek. Man sei weit weg von einer Lösung für alle, und es sei nur die "Spitze eines Eisbergs", denn jene, die auf einer Warteliste sind oder gar keinen Platz mehr bekommen haben, seien gar nicht erfasst. Schuld daran sei die Landesregierung: "Sie hat die Warnungen 1.000 Tage ignoriert, Demonstrationen ignoriert und unsere dringlichen Anfragen ignoriert." Man habe die Situation bewusst in Kauf genommen, so der Vorwurf.

Maßnahmenbündel Mitte August

Dabei hatte Bildungslandesrat Werner Amon (ÖVP) erst Mitte August ein Maßnahmenbündel für Elementarpädagoginnen und -pädagogen publik gemacht. Als Anreiz wurden Prämien und Stipendien über 15.000 Euro aus der Taufe gehoben. Wie viele diese bisher angenommen haben, ist aber auf Nachfrage der Agentur APA derzeit nicht aus dem Landesratsbüro zu erfahren. Ebenso wenig kenne man die Zahlen, wie viele Kindergartengruppen bundeslandweit nicht wie geplant gebildet werden können.

Die Neos kritisierten, dass mit den Prämien und Stipendien auch auf die seit Jahren in den Einrichtungen arbeitenden Frauen und Männer vergessen worden sei. "Die Prämien haben mehr Schaden angerichtet als genutzt", so Swatek. Zudem würden sie nirgends beworben, und die Träger würden sich mit zahlreichen Fragen dazu konfrontiert sehen.

Die Pinken in der Steiermark sind der Meinung, dass es genug Pädagoginnen und Pädagogen gibt, "aber sie arbeiten nicht Vollzeit, obwohl der Wunsch bei vielen da ist", meinte Swatek. Würde nur ein Bruchteil aller Betreuer und Betreuerinnen die Möglichkeit erhalten, Vollzeit zu arbeiten, könnte man die Probleme rascher lösen. Entsprechende Anreize bleibe die Landesregierung aber schuldig. In anderen Bundesländern wie Wien oder Niederösterreich sei der Anteil der Teilzeitkräfte weitaus geringer.

Neos fordern kleinere Gruppen ab 2025

Weitere von den Neos vorgeschlagene Maßnahmen sind faire Bezahlung, bessere Rahmenbedingungen und kleinere Gruppen – letztere nicht erst 2028, sondern bereits 2025. Ziel müsse sowieso eine Senkung der Gruppengröße auf 15 Kinder sein.

Die Pinken wollen konkrete Zahlen bei einer dringlichen Anfrage an Amon in der kommenden Landtagssitzung erfragen und starten eine Unterschriftenaktion unter dem Titel "Kindergarten retten". Damit wolle man dem Personal in den Betreuungseinrichtungen eine Stimme geben.

Niederösterreich investiert 750 Millionen Euro

Niederösterreich baut die Kinderbetreuung indes aus und investiert bis 2027 zusätzlich 750 Millionen Euro. Geplant sind das Senken des Eintrittsalters in Kindergärten auf zwei Jahre ab September 2024, ein Gratisangebot am Vormittag und ein flächendeckendes, leistbares Nachmittagsangebot ab September 2023, kleinere Gruppen in Kindergärten und mehr Betreuer für Kleinkinder sowie weniger Schließtage, sagte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner am Mittwoch nach einer Arbeitsklausur der ÖVP Niederösterreich in Maria Taferl.

Künftig sollen die Kosten maximal 180 Euro für Kleinkinder am Nachmittag pro Monat betragen, im Kindergarten bleibt der Beitrag wie bisher höchstens kostendeckend. Dass das Angebot nachmittags nicht – wie etwa von SPÖ und FPÖ gefordert – gratis wird, begründete Mikl-Leitner auf Nachfrage damit, dass es gelte, "sorgsam mit Steuergeldern umzugehen". Für Härtefälle soll es eine Abfederung geben.

Weniger Schließtage im Sommer

Zur geplanten Reduktion der Schließtage erklärte Mikl-Leitner, dass Landeskindergärten im Sommer 2023 nur mehr eine statt wie bisher drei Wochen zugesperrt sein werden. Im Jahr 2021/22 lag Niederösterreich mit durchschnittlich 25 Schließtagen im Österreich-Schnitt. Zudem sollen kleinere Gruppengrößen in den Kindergärten geschaffen und zusätzliche Fachkräfte in Kleinkinderbetreuungen beschäftigt werden. Es soll weiterhin Wahlfreiheit geben, aber man wolle die Rahmenbedingungen schaffen, damit Eltern wieder rascher in den Beruf zurückkehren können, betonte die Landeshauptfrau.

"Wir werden ein neues Kapitel in der Kinderbetreuung aufschlagen", kündigte Mikl-Leitner an. Ziel sei, Niederösterreich zum "Kinderösterreich" und zum "Familienösterreich" zu machen. Das Paket soll "zeitnah" beschlossen werden. Rund 450 neue Kindergartengruppen werden laut Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister geschaffen, den zusätzlichen Personalbedarf bezifferte sie mit je 450 Pädagogen und Betreuungspersonen.

Gemischte Reaktionen

Die SPÖ sieht damit ihr eigenes Kinderprogramm in großen Teilen umgesetzt. Grundsätzlich erfreut über den angekündigten Ausbau der Kinderbetreuung zeigten sich neben der Arbeiterkammer NÖ auch die niederösterreichischen Neos. In Regionen "ohne entsprechende Infrastruktur" bleibe aber die Frage offen, "wo und von wem die Kinder betreut werden sollen." Die FPÖ ortete eine Wahlkampferöffnung durch die ÖVP. Für die Grünen fehlt "mittelfristig ein Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung in Niederösterreich". (APA, red, 7.9.2022)