Ein seltener Dukatenfeuerfalter, der auf höher gelegenen feuchten und extensiv genutzten Wiesen lebt.
Foto: Jan Christian Habel/Uni Salzburg

Der globale Rückgang der Insektenpopulation ist aktuell ein brennendes Thema. Gründe gibt es viele, einer davon sind Pflanzenschutzmittel auf Neonicotinoidbasis, die neben Bienen auch Schmetterline gefährden, wie Studien belegen. Ein Drittel aller Arten von Tagfaltern sind in den letzten 40 Jahren aus dem Alpenvorland und dem Salzburger Becken verschwunden. Doch zumindest bei Schmetterlingen begann das Problem bereits früher, wie eine Studie der Universität Salzburg in Kooperation mit internationalen Partnerinstituten nun zeigt. Verantwortlich war auch hier der Mensch.

Ausgangspunkt für die Studie, die im Fachjournal "Science of the Total Envirnoment" veröffentlicht wurde, waren Aufzeichnungen des Hauses der Natur in Salzburg, die bis ins Jahr 1920 zurückreichen. 60.000 Beobachtungen auf einer Fläche von 7.000 Quadratmetern in Niederösterreich waren es insgesamt, auf die die Forschenden zurückgreifen konnten, mit insgesamt 168 Arten von Schmetterlingen.

Rückgang schon im 19. Jahrhundert

Eine Analyse der Daten zeigte: Schmetterlinge erlebten bereits zum Ende des 19. Jahrhunderts einen Rückgang, als Moore und Feuchtwiesen entwässert wurden. Grund dafür sei das intensive Bevölkerungswachstum in dieser Zeit, das sich auch in der Umwandlung von Ödland in bewirtschaftete Flächen niederschlug. "Auf solche Ökosysteme spezialisierte Arten nehmen seither ab", erklärt Erstautor Jan Christian Habel von der Paris-Lodron-Universität Salzburg.

Der Schachbrettfalter war früher flächendeckend verbreitet. Inzwischen ist er selten.
Foto: Jan Christian Habel/Uni Salzburg M. galathea - Schachbrettfalter, nur noch vereinzelt auf extensiv genutzten Wiesen der tieferen Lagen zu finden, früher eine flächendeckende Schmetterlingsart. Jan Christian Habel/Uni Salzburg

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kam es zu einer zweiten Welle des Artenrückgangs. "Vor allem für die 1960er-Jahre wurden vermehrt Bruchstellen der Trendlinien nachgewiesen, so beispielsweise für Schmetterlinge der artenreichen mageren Wiesen des Tieflands. Verantwortlich scheint hier die zu diesem Zeitpunkt einsetzende Industrialisierung der Landwirtschaft zu sein, mit intensiven Einsätzen von Pflanzenschutzmitteln und künstlichen Düngemitteln", erklärt Habels Kollege Thomas Schmitt vom Senckenberg Deutschen Entomologischen Institut.

Lange unbehelligt waren die in den Bergen lebenden Arten. Sie werden erst ab 1980 von dem Trend erfasst. Inzwischen zeigt sich auch bei ihnen ein Rückgang.

Stabilisierung in Feuchtgebieten

Gute Nachrichten gibt es von den Arten, die auf Feuchtgebiete spezialisiert sind, und jenen Spezies, die sich auf der Roten Liste der gefährdeten Arten befinden. Sie haben sich – auf niedrigem Niveau – stabilisiert. Die Bestände von Tieren auf der "Vorwarnliste", also solchen, bei denen eine Gefährdung zu befürchten ist, nähmen aber nach wie vor ab, warnen die Forschenden.

Eine Nutzung von Flächen ist dabei nicht immer von Nachteil. Selten gemähte Wiesen gehören zu den artenreichsten Lebensräumen überhaupt und sind ein Paradies für Schmetterlinge. Ohne Bewirtschaftung würden sie verwalden, entscheidend ist aber die Art und Weise der Nutzung. (Reinhard Kleindl, 15.9.2022)