Gerald Kiska, Gründer einer Designagentur, und seine Frau Regina haben sich in einen Wohnbungalow aus den Fünfzigerjahren verliebt. Haben umgebaut. Haben Nerven bewahrt. Sind verheiratet geblieben.

"Wir haben uns auf das Gespräch sehr gefreut, haben ein bissl geplaudert, und siehe da, vor wenigen Tagen haben wir festgestellt, dass wir – obwohl wir seit Jahrzehnten verheiratet sind und erst unlängst unser Haus renoviert haben – offensichtlich ganz unterschiedliche, einander widersprüchliche Wohnphilosophien haben. Der Ehemann sagt: Es geht um Funktionalität und Effizienz! Und die Ehefrau sagt: Oh nein, oh nein, es geht um weit mehr, nämlich um Schönheit, um Gemütlichkeit, um einen Ort, an dem man sich ausdrücken und seine Träume ausleben kann.

Gerald und Regina Kiska haben ihr Zuhause in Salzburg-Anif beim Gassigehen entdeckt.
Foto: Dietmar Tollerian

Da sind wir also, mitten in einem Interview, und sind ganz entsetzt darüber, dass wir so unterschiedliche Auffassungen vom Wohnen haben, zugleich aber auch sehr erfreut darüber, dass es bislang dennoch wunderbar geklappt hat. Gegensätze ziehen sich an! Natürlich, das Haus ist in der Tat sehr praktisch, das merken wir jeden Tag aufs Neue: Wir können hier gut zu zweit sein, aber auch mit der Family abhängen, und es ist sogar ohne großen Aufwand möglich, eine ganze Horde von Freunden einzuladen und die zu bekochen. Oder bekochen zu lassen.

Und ja, das Haus ist darüber hinaus auch wirklich sehr schön. Es ist schlicht und elegant, es bietet viel Luft und Raum, wir können uns hier ausbreiten und so richtig zur Ruhe kommen. Ein Designbüro mit 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu leiten ist eine tolle Sache, keine Frage, aber man ist Manager, dauernd unter Strom, kann sich eigentlich nie entspannen. Das Zuhause ist dann ein Ort des Nichtstuns und Nichtsmüssens.

"Wir sind als grenzenlose Perfektionisten verschrien, bei uns muss alles perfekt und picobello sein, geputzt und aufgeräumt", sagen Gerald und Regina Kiska.
Fotos: Dietmar Tollerian

Wir wohnen in Salzburg-Anif, nah an der Stadt, aber doch in einem eher dörflichen Ambiente. Früher haben wir ums Eck gewohnt, hatten damals einen Hund, waren hier oft Gassi, und täglich sind wir an diesem unbewohnten Objekt vorbeispaziert, ein altes, ungepflegtes verwildertes Haus, obwohl – und das ist das Besondere – von einer faszinierenden Ästhetik! Tolle Proportion, große Fenster, wirklich schön gestaltet. Eine Art ferienartiger Wohnbungalow aus dem Jahr 1959, späte Moderne, fast so wie eines der Case Study Houses in Kalifornien, aber halt in Salzburg.

Für uns war klar, dass wir das Haus kaufen und umbauen möchten. Wir wollten den Charakter und das äußere Erscheinungsbild erhalten. Doch die ersten Architekten, die wir kontaktiert haben, wollten die Hütte einfach nur wegreißen. Wir waren entsetzt, geben aber auch offen und ehrlich zu: So ein Bauprozess ist wirklich kein Honigschlecken, zwischendurch waren wir ausgebrannt und mit unserem Optimismus am Ende, und in manchen Momenten hätten am liebsten auch wir das Haus weggerissen.

Der Umbau des alten Hauses war kein Honigschlecken.
Fotos: Dietmar Tollerian

Dass es doch so super geworden ist, verdanken wir vor allem unseren Architekten Frohring Ablinger aus Wels, ein tolles Büro, das unser Anliegen von der ersten Minute an verstanden und unterstützt hat. Und immer dann, wenn wir die Nerven hing’schmissen haben, sind die voll cool geblieben und haben uns gecoacht. Zum Beispiel dann, als wir festgestellt haben, dass die alte Bodenplatte gerissen war, dass wir abgraben müssen und dass wir die Deckenplatte auch rausnehmen müssen, damit der Bagger überhaupt ins Haus reingehoben werden kann. Und dann standen wir im Keller, verzweifelt wie bei Hinterholz 8, und haben die Sternderln gesehen.

Das Wichtigste: Wir haben gebaut, wir sind immer noch verheiratet, lieben uns noch immer! Wir sind als grenzenlose Perfektionisten verschrien, bei uns muss alles perfekt und picobello sein, geputzt und aufgeräumt, und obwohl wir die Chefdesigner von KTM sind, ist bei uns wirklich nichts orange außer die Mandarinen. Der Ehemann fühlt sich jetzt baustellenerfahren und ermutigt und wollte gleich ein renovierungsbedürftiges Urlaubsdomizil im Süden kaufen und herrichten. Doch daraufhin meinte die Ehefrau: Scheidung gleich, oder erst danach? Also nix mit Süden, wir bleiben glücklich in Salzburg." (10.10.2022)