Kühler und distanzierter geht es eigentlich nicht mehr. Aus "staatspolitischer Verantwortung" sei seine Partei mit SPD und Grünen in der Ampelkoalition, sagt FDP-Chef Christian Lindner. Und viele Liberale würden mit diesem Bündnis auch "fremdeln".

FDP-Chef Christian Lindner.
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Es klingt, kurz nach der für die Liberalen verheerenden Niedersachsen-Wahl, nach dem Anfang vom Ende. Dass Lindner die Ampel vor knapp einem Jahr noch als "Fortschrittskoalition" gepriesen hat, erscheint heute als großer Irrtum.

Doch vier Wahlniederlagen später ist die FDP frustriert und ernüchtert. SPD und Grüne empfindet sie als linke Partner, die sich ganz gut verstehen. Sich selbst wähnt sie im marktliberalen Abseits. Milliarde um Milliarde muss der Staat aufbringen, um Krisen abzufedern. Das schmerzt die FDP-Seele.

Man ahnt, was jetzt kommt: Die FDP will für ihre Klientel wieder attraktiver werden und könnte noch stärker als bisher auf der Schuldenbremse bestehen, um sich so besser von der SPD und den Grünen abzugrenzen.

Den Bogen überspannen darf sie dabei aber nicht. Es sind keine rosigen Zeiten, viele Bürgerinnen und Bürger brauchen Unterstützung, um ihre Heizkosten zu bezahlen.

Ein Koalitionsbruch kommt in schwieriger Lage nicht infrage, Neuwahlen und Instabilität kann Deutschland nicht gebrauchen. Und was passiert, wenn die Koalition viel streitet, hat man in Niedersachsen gesehen: Die AfD legt wieder zu. (Birgit Baumann, 10.10.2022)