Die Wien Energie war am Dienstag wieder Thema im Gemeinderatssitzungsaal, hier zu sehen auf einer Archivaufnahme.

Foto: Stefanie Rachbauer

Die Wien Energie und die im Sommer für sie notwendig gewordenen finanziellen Hilfen seitens der Stadt haben am Dienstag erneut den Wiener Gemeinderat beschäftigt. Insgesamt waren für den Energieversorger in zwei Tranchen 1,4 Milliarden Euro aus der Rathauskasse bereitgestellt worden, zusätzlich stellte der Bund Darlehen im Umfang von zwei Milliarden Euro bereit. Von den 1,4 Milliarden Euro habe die Wien Energie mittlerweile 700 Millionen Euro rückgeführt, berichtete der zuständige Stadtrat Peter Hanke in der Fragestunde.

Das sei ein "großer Betrag, der das Auf und Ab" auf dem Energiemarkt widerspiegle, erklärte der SPÖ-Politiker. "Es hat sich am Markt eine Entwicklungsrichtung ergeben, die sehr erfreulich ist." Das bedeute umgekehrt aber auch, dass sich die Lage wieder ändern könnte: "Wir können nicht wissen, wie dieses Thema in einem Monat aussieht." Das Zwei-Milliarden-Euro-Darlehen seitens des Bundes sei bis zum heutigen Tag "nicht angerührt" worden, betonte Hanke einmal mehr.

Stadtrat erwartet Einhaltung des Budgets

Anlass war eine Frage von ÖVP-Mandatar Markus Gstöttner, der sich erkundigte, wie sich die Kreditlinien für die Wien Energie auf das Stadtbudget auswirken. Er verwies darauf, dass 2021 im Rathaus ein Doppelbudget für die Jahre 2022 und 2023 beschlossen worden war. Dies war ein Novum, Doppelbudgets waren in Wien bisher nicht üblich.

Als das Budget fixiert wurde, sei der 1,4-Milliarden-Euro-Kredit an die Wien Energie, der über die Aufnahme von Fremdmitteln gedeckt werde, nicht absehbar gewesen. "Welche Konsequenzen, insbesondere welche damit verbundenen Beschlüsse im Wiener Gemeinderat, ergeben sich aufgrund der Überschreitungen für den Voranschlag 2023?", hieß es in Gstöttners Anfrage.

Kurzum: Keine, wie Stadtrat Hanke erklärte. Die Stadtverfassung sehe – anders als auf Bundesebene – keine Nachtragsbudgetierung vor. Deshalb würden sich auf Ebene der Beschlussfassung im Gemeinderat auch keine Konsequenzen ergeben.

Dem Finanzausschuss werde er aber einen schriftlichen Bericht über sämtliche Veränderungen im Budget vorlegen, versicherte Hanke. Aufgrund des erwarteten Plus bei der Lohnsteuer (rund sechs Prozent) und bei der Umsatzsteuer (mehr als neun Prozent) erwartet der Stadtrat derzeit insgesamt, dass "die Budgetstruktur für dieses Jahr gehalten werden kann".

U-Kommission verzögert sich

Aufs Tapet kam die Causa Wien Energie am Dienstag auch in anderer Form. Gemeinderatsvorsitzender Thomas Reindl (SPÖ) nahm eingangs kurz auf die von ÖVP und FPÖ dazu geplante U-Kommission Bezug. Er verlautbarte nun auch im Gemeinderat, was – wie berichtet – seit Freitag bekannt ist: Der Antrag für die Kommission wird rechtlich noch geprüft, weshalb sich die Einsetzung verzögert.

Nach derzeitigem Stand soll dies in der Gemeinderatssitzung am 23. November geschehen, die konstituierende Sitzung könnte dann am 7. Dezember stattfinden. Die Initiatoren sowie die Grünen haben das in der Aktuellen Stunde – für die die ÖVP heute das Thema ausgegliederte Unternehmen gewählt hat – einmal mehr harsch kritisiert und von Verzögerungstaktik gesprochen. SPÖ und NEOS beschwichtigten.

Verbandsklage von Konsumentenschützern

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat unterdessen eine Klage gegen die Wien Energie eingebracht, nachdem er dem Versorger einen außergerichtlichen Vergleich angeboten hatte, wie ORF Wien online berichtet. Der Versorger änderte Mitte August die Geschäftsbedingungen. In einem weiteren Schritt wurden die Kunden über einen automatischen Tarifwechsel per 1. September informiert. Wer nicht widersprach, wurde somit automatisch auf einen neuen Vertrag umgestellt.

Rund ein Prozent der Kunden hat Wien Energie laut ORF Wien widersprochen. Allerdings ist der neue Tarif trotz der Erhöhung noch immer günstiger als der bisherige. Der Preis für den bisherigen Tarif wurde wesentlich stärker angehoben und liegt damit deutlich über dem neuen Tarif "Optima entspannt". VKI-Jurist Maximillian Kemetmüller kritisiert vor allem die kurze Übergangsfrist.

"Wir wollen mit der Verbandsklage Rechtssicherheit schaffen", so Kemetmüller. Und wenn die Grundlage wegfalle, habe dies Konsequenzen für den neuen Vertrag, ergänzt der Jurist. Allerdings erwartet er selber, dass die Verbandsklage bis zum Obersten Gerichtshof gehen werde. "Das kann ein paar Jahre dauern." Bei den übrigen Versorgern – auch innerhalb der Energieallianz von Wien Energie, EVN und Burgenland Energie – habe nur die Wien Energie diesen Schritt gewählt, merkt Kemetmüller an. (Stefanie Rachbauer, APA, 18.10.2022)