Kartelle sind so ziemlich das Letzte, was Wettbewerbshüter wollen, auch und vor allem in der EU. Nun ist es ausgerechnet die EU-Kommission, die einen Vorschlag unterbreitet, der genau in diese Richtung geht: Die EU-27 sollen sich doch bei der Beschaffung von Gas zusammentun und so die Kosten senken. Nicht das gesamte benötigte Gas, aber doch 15 Prozent des in allen europäischen Speichern vorhandenen Volumens sollen gemeinsam beschafft werden – mindestens.

Die EU-Kommission schlägt vor, dass die EU-27 sich bei der Beschaffung von Gas zusammentun und so die Kosten senken.
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Außergewöhnliche Situationen erfordern außergewöhnliche Antworten. Das scheint die sonst penibel auf die Einhaltung von Wettbewerb achtende Kommission gedacht zu haben, als sie den Vorschlag formulierte. Dass die Situation außergewöhnlich ist, wird niemand ernsthaft bestreiten. Die sprunghaft gestiegenen, ja geradezu explodierten Gaspreise haben die Strompreise mitgerissen – alles eine Folge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, aber nicht nur.

Wären erneuerbare Energien früher und rascher ausgebaut worden, könnte bei der Stromproduktion weitgehend auf teures Gas verzichtet werden. Elektrische Energie wäre deutlich günstiger, und die Industrie käme dann womöglich zu billigerem Gas, weil insgesamt größere Mengen am Markt verfügbar wären. Dass die gemeinsame Gasbeschaffung nächstes Jahr wie erhofft tatsächlich zu niedrigeren Preisen führt, muss sich erst weisen. Einen Versuch wert ist es allemal. (Günther Strobl, 19.10.2022)