Thomas Schmid, ehemaliger Vertrauter von Sebastian Kurz, und sein Anwalt Roland Kier anlässlich des ÖVP-Korruptions-U-Ausschusses im Camineum der Nationalbibliothek in Wien.

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Formalistisch, kasuistisch, genau. Das sind Eigenschaften, die Anwälten gemeinhin nachgesagt werden. Einer von ihnen, dessen Name derzeit häufig medial auftaucht, hat den Ruf, diese Charakterzüge beinahe überzuerfüllen: Roland Kier, seines Zeichens neuer Anwalt des früheren Kurz-Vertrauten und Generalsekretärs Thomas Schmid. Dem 48-jährigen Strafverteidiger obliegt nun jene Aufgabe, die für seinen Vorgänger Thomas Kralik keine Option war: Schmid in der ÖVP-Inseratenaffäre Kronzeugenstatus zu besorgen.

Kier steht damit einmal mehr im Rampenlicht – was für ihn mehr notwendiges Übel als Grund zum Feiern ist, denn der gebürtige Steirer ist scheu. In der Branche gilt er als Koryphäe für Rechtsmittel, also das Anfechten von Urteilen. Dies entspricht offenbar seinem Naturell: "Da muss ich mit niemandem reden", sagt Kier im STANDARD-Gespräch.

Über diese Spezialisierung komme er auch an den Großteil seiner Mandate, erzählt er. Damit habe Kier Glück, ist aus der Branche zu hören: "Akquise ist nicht seine Stärke." Wohl mit ein Grund dafür: Kier könne durchaus direkt werden, heißt es.

Kartnig und Leitgeb als Mandanten

Ein Beispiel für ein aufsehenerregendes Verfahren, in dem Kier seine Expertise nutzte, ist jenes um Hannes Kartnig. Der frühere SK-Sturm-Präsident, heute ein freier Mann, wurde 2012 erstinstanzlich unter anderem wegen Betrugs zu fünf Jahren Haft verurteilt. Kartnigs damaliger Verteidiger war Kiers Kanzleipartner Richard Soyer, von dem Kier übernahm. Ein weiterer Promi auf dessen Mandantenliste: der heuer verstorbene Tennismanager Ronnie Leitgeb, dem Untreue angelastet wurde.

Die Kanzlei, die Kier mit Soyer und Alexia Stuefer am Kärntner Ring in Wien führt, ist auf derartige Fälle spezialisiert. "Betrug, Untreue und Krida sind bei uns gut aufgehoben", wurde Kier 2018 vom Magazin "Recht aktuell" zitiert. Er hat sein ganzes bisheriges Berufsleben an dieser Adresse verbracht: 2001 bekam er dort seine erste Stelle, 2008 wurde er Partner.

"Bin am Punkt des Gesetzes"

Zuvor hatte Kier in Graz und England Jus studiert – und nebenbei in einer Rockband gespielt. In die Steiermark zieht es Kier noch regelmäßig: Die Wochenenden verbringt er mit Frau und zwei Söhnen auf einem Bauernhof im Grazer Umland.

Seinen Zugang zur Arbeit beschreibt Kier so: "Das ganze Blabla lasse ich weg. Ich bin rein am Punkt des Gesetzes." Eine Herangehensweise, die ihm der Einschätzung von Anwaltskollegen zufolge im Fall Schmid helfen dürfte. (Stefanie Rachbauer, 6.11.2022)