Ein Meilenstein sei das von der türkis-grünen Regierung nun vorgelegte Krisensicherheits- gesetz, hat Aufrüstungsministerin Klaudia Tanner anlässlich der Präsentation des Werks befunden. Mit Meilensteinen kennt sie sich aus, wie sie mit ihrer Reform des Bundesheeres bewiesen hat, die sie heilfroh zurückgezogen hat, noch ehe sie wirksam werden konnte. Ihr Generalstabschef hatte den Befehl, den Pallawatsch im Fernsehen als Präzisierung der Reform, gewissermaßen als deren Vollendung, zu verkaufen. Begeisterung ließ er nicht erkennen.

Jetzt soll also die jahrelange überirdische Krisenkommunikation von der Höhe des Ballhausplatzes einer unterirdischen Krisenkoordination aus einem Keller in der Herrengasse weichen, um Österreich auf sieben politischen Feldern krisenfit zu machen. Um es gleich vorwegzunehmen: Eine Antikorruptionspolitik und eine zeitgemäße Medienpolitik gehören nicht zu diesen Feldern, weil die Regierung dort keinerlei Anzeichen von Krisen erkennen will.

Sozialminister Johannes Rauch (Grüne), Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) und Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) präsentieren das Krisensicherheitsgesetz.
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Obwohl die Wichtigkeit eines Krisensicherheitsgesetzes unbestritten ist – aber erst seit Jahrzehnten! –, schreiten die Koalitionäre nun mannhaft zur Tat, die Krise vor Augen, in die sie die Nationalratswahlen 2024 zu stürzen drohen. Spätestens.

Erfolgreiche Krisenbewältigung

Obwohl es dabei um nicht weniger als um das Schicksal unseres krisenumtosten Landes geht, haben Kanzler und Vizekanzler die Vorstellung des Gesetzentwurfs einem ministeriellen Trio überlassen, das für erfolgreiche Krisenbewältigung schlechthin steht. Diese ist bekanntlich und vor allem Vertrauenssache, weshalb die Entschlossenheit von Türkis-Grün zu rühmen ist, jeder denkbaren Krise, wenn schon nicht die Stirn, dann wenigstens die Kombi von Gesundheitsminister Rauch, Heeresministerin Tanner und Innenminister Karner zu bieten. Wer Gewessler vermisst, ist ein Miesmacher, an dem jede vertrauensbildende Maßnahme abprallt. Aber die Lage ist ernst, daher besser Dreifaltigkeit.

So notwendig es für jeden Staat immer sein müsste, auf Krisen, soweit vorhersehbar, vorbereitet zu sein, ist der plötzliche Drang zur koordinierten Krisenbewältigung in Österreich eher dem Bedürfnis der Koalitionspartner zuzuschreiben, von den Krisen abzulenken, in denen sie sich selber befinden. Alle Versuche insbesondere der ÖVP, die Krise, in die sie sich mit Sebastian Kurz gestürzt hat, statt im Untersuchungsausschuss des Parlaments lieber im Keller zu bewältigen, sind erfolglos verlaufen und werden es bleiben, solange nicht ein klarer Schlussstrich unter dessen Regierungssystem gezogen wird. An der Spitze der Volkspartei gibt es dafür bisher kein Anzeichen. Und die Grünen verharren in echter Nibelungentreue zur Partei, die kein Korruptionsproblem hat, indem sie sie ständig an ein solches erinnern.

Wäre es der Regierung ernst mit der Krisenbewältigung, hätte sie alles darangesetzt, die Oppositionsparteien hereinzuholen statt ihnen einen Entwurf hinzuknallen. Im Wissen, dass man, wo auch die Verfassung betroffen ist, wenigstens Teile der Opposition benötigt, wäre ein solches Vorgehen sinnlos im Hinblick auf die Sicherheit des Landes, oder man sucht wahltaktisch, die Schuld an ihrer Gefährdung anderen Parteien zuzuschieben. Mit einer solchen Vorgangsweise wird sich die Regierung nicht einmal aus ihrer eigenen Krise retten. Österreich erst recht nicht. (Günter Traxler, 11.11.2022)