Das System der Hochschullehrgänge wird nun in die Bachelor-Master-Struktur integriert, bis Herbst 2023 greift eine Übergangsphase.

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Bachelor Professional, Master Professional, Bachelor (Continuing Education) und Master (Continuing Education). In Österreich wird man sich bestimmt auch diese vier neuen Titel in Windeseile merken, und ihre Träger werden sie "eh nur der Vollständigkeit halber" bei Hotelreservierungen angeben und auf der E-Card eintragen lassen. Allein: Das Studienangebot lässt noch auf sich warten. Dabei dürfen die Hochschulen eigentlich seit diesem Wintersemester all die genannten "außerordentlichen Studien" abhalten – so regelt es die große Novelle zur Weiterbildung an Hochschulen, die im Sommer vergangenen Jahres beschlossen wurde. Die Reform soll nach Vorstellung des Wissenschaftsministeriums mehr Ordnung in den bisher undurchsichtigen Sektor der kostenpflichtigen, meist berufsbegleitenden Hochschullehrgänge bringen und sie in die standardisierte Bachelor-Master-Architektur des Bologna-Systems integrieren.

Auf Arbeitsmarkt zugeschnitten

Der Zusatz "Professional" soll dabei für Studien stehen, die eine besonders praxisnahe Ausbildung vermitteln und auf die Nachfrage spezifischer Branchen des Arbeitsmarkts zugeschnitten sind. Hochschulen dürfen sich dabei in Gestaltung und Finanzierung der Studien eng mit sogenannten außerhochschulischen Rechtsträgern – etwa einem Branchenverband von Unternehmen – abstimmen. Gerade Unternehmerverbände hatten in der Vergangenheit auf die Ermöglichung solcher Formate gedrängt, doch unter den nunmehr geschaffenen Rahmenbedingungen zeichnet sich derzeit keine scharenweise Umsetzung ab: DER STANDARD konnte bei der Recherche keine einzige Hochschule ausfindig machen, die in diesem Semester einen Bachelor oder Master Professional im Programm hat. Auch das Wissenschaftsministerium weiß auf Anfrage von keinem solchen Angebot, wobei man sich davon noch nicht beunruhigt gibt. Man könne nicht "vollumfänglich ableiten", wie die neuen Bedingungen angenommen werden, zumal aufgrund einer Übergangsfrist bis Herbst 2023 auch noch Lehrgänge gemäß der alten Gesetzeslage eröffnet werden dürfen.

FH Technikum sieht Projekt gescheitert

Vor einem Jahr war das Ministerium allerdings weniger zurückhaltend: Da wurde bereits öffentlich ein "vorbildlicher" Bachelor-Professional-Studiengang zum "E-Commerce-Fachwirt" angepriesen, der im Oktober 2022 als Kooperationsprojekt von FH Technikum Wien, MCI-Hochschule und dem Handelsverband mit ersten Studierenden starten werde, wie es damals hieß. Eine Erkundigung zum Stand der Dinge bei Thomas Faast, Geschäftsführer der Technikum Wien Academy, bringt jedoch eine ernüchterte Antwort: "Aus unserer Sicht ist das Projekt gescheitert". Faast macht dafür das "mangelnde Commitment" des Handelsverbands (HV) verantwortlich. Das habe sich leider im Laufe der Vorbereitungen gezeigt, die mittlerweile längst "versandet" seien.

Knackpunkt externe Bildungseinrichtung

HV-Geschäftsführer Rainer Will stellt die Lage durchaus abweichend dar. Der Handelsverband sehe großes Potenzial in der Schaffung eines Bachelor Professional und agiere dabei als "Schrittmacher" mit einer klaren Vorstellung der gewünschten Lehrmodule für die Ausbildung zum E-Commerce-Fachwirt, schreibt er dem STANDARD. Jedoch räumt Will ein, dass hinter dem abgesagten Studienstart auch Probleme bei der Finanzierungsbereitschaft der Mitgliedsunternehmen stehen, weil diese "sich zurzeit keine Ausbildung leisten können, die pro Mitarbeiter mehrere Tausend Euro pro Semester kostet".

Ein weiterer Knackpunkt liegt – so erklärt es auch die Fachhochschule MCI – in einer Bestimmung der Weiterbildungsnovelle, die Türkis-Grün erst kurz vor deren Beschluss hineingeschrieben hat. Die Bestimmung sieht vor, dass neben einer Hochschule und einem Unternehmerverband auch noch eine "außerhochschulische Bildungseinrichtung" bei der Gestaltung eines Bachelor Professional an Bord geholt werden müsste. Doch eine funktionierende Dreiecksbeziehung ist offenbar auch bei der Gründung von Studiengängen nur schwer zu haben. (Theo Anders, 18.11.2022)