Ob zu Silvester, bei einem Geburtstag oder einem erfolgreich abgeschlossenen Projekt – gibt es etwas zu feiern, ist eine Flasche sprudelnder Wein nicht weit. Allein das Öffnen gleicht einer kleinen Zeremonie: Den Draht vom Korken entfernen, Stoppel lösen und mit mehr oder weniger lautem Knall die Flasche öffnen, das schäumende Getränk in Gläser gießen und anstoßen. Es wirkt wie geschaffen dafür, besondere Glücksmomente mit diesem kleinen Spektakel zu beginnen, und wer es sich leisten kann und will, wird zu Champagner greifen, der als edelster Schaumwein gilt.

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"Champagner ist leicht zu trinken, aber schwer herzustellen", so Sommelier Aldo Sohm.
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"Champagner ist leicht zu trinken, aber schwer herzustellen. Es müssen gleich zwei Gärungen gesteuert werden", schreibt Sommelier Aldo Sohm im Buch Einfach Wein. Ein weiterer Grund für die Exklusivität ist die Tatsache, dass man ihn nur so nennen darf, wenn er in der Champagne hergestellt wurde und die Trauben – meist sind es die Rebsorten Pinot noir, Pinot Meunier und Chardonnay – von dort stammen.

Gar nicht nobel

Schäumender Wein wurde allerdings jahrhundertelang als das Gegenteil von nobel angesehen und galt als minderwertig. In der Champagne, die für eine Weinbauregion in einer vergleichsweise kühlen Zone liegt, hatten die Winzer mit dem Umstand zu kämpfen, dass ihr Wein nach dem Winter erneut zu gären begann. Die Kälte hatte die Gärung gestoppt, bei wärmeren Temperaturen startete der Prozess erneut, und es bildete sich Kohlensäure.

Es sollte bis ins 17. Jahrhundert dauern, dass die schäumenden Weine aus der Champagne begehrt wurden – und zwar in England. Dort hatte man zwecks besserer Haltbarkeit den Wein aus Frankreich in Fässern importiert und in dickwandige Flaschen mit einem festsitzenden Korken gefüllt. Das wurde in der Champagne erst üblich, als 1728 der Transport der Flaschen erlaubt wurde – was unter anderem möglich wurde, weil man die englische Fertigungsmethode übernommen hatte.

Ausgetüfteltes Verfahren

Über die genauen Fermentationsprozesse und die Gründe für die zweite Gärung wusste man damals noch zu wenig. Das Wissen, welche Zucker-, Wein- und Hefemenge – Tirage genannt – man bei der zweiten, also der Flaschengärung, zusetzen musste, um ein optimales Ergebnis zu erzielen, entwickelte sich erst im 19. Jahrhundert. Davor war vieles ein Glücksspiel und gefährlich: Die Kellermeister arbeiteten mit eisernen Masken, um bei einer Explosion von Flaschen, die mit dem "Teufelswein" gefüllt waren, geschützt zu sein.

Eine bahnbrechende Erfindung bei der Herstellung war das Rüttelverfahren, das die junge Witwe Barbe-Nicole Clicquot-Ponsardin Anfang des 19. Jahrhunderts angeblich auf dem Küchentisch erfand: Durch regelmäßiges Rütteln und Umlegen konnten die Hefeablagerungen im Flaschenhals konzentriert werden. Wird die Flasche geöffnet, lässt sich der Hefepfropfen entfernen, und die Flasche wird mit der sogenannten Dosage aufgefüllt. Meist besteht diese aus Zuckersirup und Wein. Im Fall der sogenannten Zero Dosage wird nur Champagner aus einer anderen Flasche nachgefüllt. Heute werden die Hälse gefroren und so der Pfropfen entfernt, und auch das Rütteln geschieht meist maschinell. Nach der Dosage wird die Flasche wieder mit einem Korken verschlossen und in einem Drahtkorb gesichert.

Napoleons Vorliebe

Genießen sollte man das edle Getränk weder aus Flöte noch aus Schale: Die Champagnerhersteller empfehlen ein hohes, bauchiges Glas, damit sich die Aromen und die bis zu einer Million Bläschen gut entwickeln können. Wer ihn nicht pur genießen möchte, kann auch zum Cocktail greifen, dem erfrischenden French 75 beispielsweise (siehe Rezept). Der wurde allerdings nicht in den 1970ern an der Côte d’Azur erfunden, sondern bereits Anfang des 20. Jahrhunderts. Der Name bezieht sich auf eine im Ersten Weltkrieg eingesetzte französische Kanone.

Kriegsgerät und Champagner hatte rund ein Jahrhundert davor Napoleon bei seinen Feldzügen mit dabei, und zwar egal für welchen Anlass: "Champagner! Nach dem Sieg verdienst du ihn, nach der Niederlage brauchst du ihn", lautete sein durchaus nachvollziehbares Motto.
(RONDO Exklusiv, Petra Eder, 29.12.2022)