Blick in die Villaggio Mall.

Foto: IMAGO/PA Images/Mike Egerton

Kaum irgendwo spürt man die Parallelwelt dieser Fußball-WM so stark wie in der Villaggio Mall. Das Khalifa International Stadium ist direkt ums Eck, und da man auch zwei Stunden nach Abpfiff noch länger auf die U-Bahn warten muss, kann man die geistige Match-Nachbesprechung gleich in Venedig machen. Die Villaggio ist inspiriert vom Kasino The Venetian, das wiederum die Stadt der Liebe nachahmt. Der Name wiederum erinnert an ein anderes Kasino, das Bellagio. Wo auf dem Weg von Wüste zu Wüste das zusätzliche "g" aufgepickt wurde, ist ein Rätsel.

Auf die Deckenplane sind Wölkchen auf Pastellblau gemalt, als hätte Bob Ross einen schlechten Tag und nur mehr zwei Farben gehabt. Der Mitmach-Maler mit dem Wuschelkopf ist für seinen Satz "We don’t make mistakes, just happy accidents" bekannt – aber sorry, das ganze Design der Mall ist ein sehr unhappy accident. Unter Umständen ist das Gebäude auf diesen Seiten bereits als "Abklatsch vom Abklatsch" bezeichnet worden. Der Fake-Gondoliere rudert Touristen durch den Fake-Kanal. Immerhin ist der Eislaufplatz echt, hier spielt die katarische Eishockey-Liga.

Seit einigen Tagen wird in Katar die Fußballweltmeisterschaft ausgetragen. Doch das Großereignis stößt auf viel Kritik. In Wiener Lokalen wird boykottiert, kritisiert – aber auch Fußball geschaut. DER STANDARD auf Lokalaugenschein.
DER STANDARD

Aber jetzt ist WM, da ist die Plastikdekoration Nebendarstellerin. Jetzt tanzt und trommelt eine Gruppe Senegalesen beim Eingang der Mall, dass sogar der vorbeitrottende Deutsche einen kleinen Hüftschwung nicht unterdrücken kann. Jetzt sieht man Dressen aus aller Herren Länder – nur keine italienischen. So was aber auch, mitten in Venedig. (Martin Schauhuber aus Doha, 24.11.2022)