Nur noch drei Jahre hat Österreich laut einer aktuellen Studie Zeit, seine Klimaziele zu erreichen. Danach können wir kaum mehr dazu beitragen, dass das globale Ziel, die Erde um nicht mehr als 1,5 Grad aufzuheizen, tatsächlich noch erreicht werden kann. Die Folgen werden dramatisch sein, schon jetzt können wir ihre Vorboten spüren: zu heiße Sommer, zu milde Winter, zu wenig Wasser in Flüssen und Seen. Wissenschaft und Klimaschützer wissen das, die türkis-grüne Regierung ebenso. Allein: Es passiert zu wenig.

Nicht nur, dass man hierzulande als Privatperson oder Unternehmen jahrelang darauf wartet, eine Photovoltaik-Anlage auf eigenen Gebäuden errichten zu dürfen. Die nervenaufreibend lange Dauer der Genehmigungsverfahren alleine ist nicht das Problem. Seit fast 700 Tagen ist die Regierung beim Klimaschutzgesetz säumig, das den österreichischen Weg zum 1,5-Grad-Ziel festlegen soll. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler kommt hier nicht weiter, weil immer jemand anderer aus dem ÖVP-Teil der Regierung blockiert, zuletzt der Finanzminister. Dabei hat man sich im Koalitionspakt auf das Erreichen der Klimaziele verbindlich verständigt.

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler kommt beim Klimaschutzgesetz nicht weiter, weil immer jemand aus dem ÖVP-Teil der Regierung blockiert.
Foto: REUTERS/Leonhard Foeger

Gegenseitige Blockaden

Gewessler betont im Gegenzug, wie wichtig das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) ist, das sie zuletzt durchgeboxt hat. Dieses könnte tatsächlich vieles verändern. Allerdings nur dann, wenn der Bund durchgreift. Denn die EAG-Ziele widersprechen zum Teil den viel weniger ambitionierten Zielen der Bundesländer. Diese Diskrepanz müsste sofort behoben werden. Die Länder wiederum müssten längst Druck auf Gemeinden ausüben, damit diese geeignete Flächen auch umwidmen. Dagegen sträubt sich der Gemeindebund, und es kommt zu teils skurrilen Entscheidungen.

So werden etwa Flächen neben bestehenden Kraftwerken nicht für den Ausbau erneuerbarer Energien umgewidmet, weil dies "das Landschaftsbild stört". Man gewinnt den Eindruck: Hier kämpft auch ÖVP gegen ÖVP. Auf der einen Seite stehen Vertreter der Wirtschaft, die darauf drängen, billigere alternative Energiequellen zu erschließen. Auf der anderen Seite stehen die Vertreter der Bauern und der Gemeinden, die sich die Entscheidungsgewalt über ihre Machtbasis "Grund und Boden" nicht entziehen lassen wollen.

Daneben stehen die Grünen und schauen zu.

Strategische Allianzen

Das ist insofern verwunderlich, als sie mittlerweile erfahren darin sind, Regierungspolitik mit einem schwierigen Partner zu betreiben. Warum nützt man die Zerrissenheit der ÖVP nicht strategisch besser, um zum (Klima-)Ziel zu kommen? Warum schafft man keine Allianzen der Klimaschutzwilligen, über Parteigrenzen hinweg? Vom Vizekanzler abwärts müssten alle Grünen-Politiker, gerade jene in Landesregierungen und Gemeindevertretungen, viel entschiedener und lauter auftreten. Stattdessen wirkt Gewessler oft ziemlich alleingelassen.

Es gibt viel mehr zu verlieren als – möglicherweise – den momentanen Koalitionspartner, der nicht mitziehen will. Das sollte gerade den Grünen klar sein. (Petra Stuiber, 27.11.2022)