Cristiano Ronaldo ist ablösefrei zu haben. Fragt sich, ob er als Zierde des saudischen Klubfußballs zu haben ist.

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Cash oder Glorie – dieser Frage muss sich Cristiano Ronaldo bezüglich des Spätherbstes seiner Karriere fragen. Nach der durch ein freches Interview selbst angestrengten Trennung von Manchester United soll dem 37-jährigen Portugiesen ein Angebot aus Saudi-Arabien vorliegen, das eigentlich nicht abzulehnen ist. Der Klub Al-Nassr lockt mit einem mit 225 Millionen Dollar dotierten Vertrag über drei Jahre, wie der US-Sender CBS Sports berichtete.

Der im Mrsool Park zu Riad spielende Verein der Saudi Professional League wird vom Franzosen Rudi Garcia trainiert, der 2011 mit Lille französischer Meister und Cupsieger war. 2020 führte er Olympique Lyon ins Halbfinale der Champions League. Nach Rang vier in der Meisterschaft musst Garcia im Vorjahr seinen Posten allerdings räumen und fand sein Auskommen in Saudi-Arabien.

Denkmalpflege

Ob sich auch Multimillionär Ronaldo locken lässt, ist fraglich. Am eigenen Monument kann er bei Al-Nassr nicht weiterbauen. Wie sehr dem Madeirer das am Herzen liegt, zeigt er aktuell in Katar, wo für ihn heute der zweite Einsatz in Gruppe H ansteht. Mit einem vollen Erfolg gegen Uruguay im Lusail-Stadion können seine Portugiesen für das Achtelfinale buchen.

Ein voller Erfolg wäre auch die perfekte Revanche für die WM 2018. In Russland siegte Uruguay im Achtelfinale über die Seleção mit 2:1. Zweifacher Torschütze war Edinson Cavani, der in Katar – ebenso wie sein Kumpel Luis Suárez – bei einer vierten WM ein Tor erzielen könnte.

Ein alter Bekannter

Bei fünf Turnieren getroffen hat nur Ronaldo, der nach dem Rekord (Elfer zum 1:0) im Auftaktspiel gegen Ghana (3:2) äußerst emotional reagiert hatte. Gegen Uruguay, das zum Auftakt beim 0:0 gegen Südkorea enttäuschte, bringt Coach Fernando Santos einen weiteren Übermotivierten ins Spiel. Pepe wird seine Knochen erstmals in Katar wie gewohnt kompromisslos in die Menge werfen. Der 39-Jährige rückt anstelle von Danilo, der sich im Training drei Rippen brach, in die Startelf, wie der Coach bestätigte. "Er ist ein Monster. Er wird spielen und eine sehr wichtige Rolle einnehmen", sagte Santos. Pepe, der in der verwichenen Saison mit dem FC Porto alle möglichen nationalen Titel holte, freut sich auf sein 124. Länderspiel.

Die letzte Chance auf die Weltmeisterschaft eint den Europameister von 2016 mit Kollege Ronaldo, der wie alle Portugiesen im Spiel gegen Ghana einen Blick in die Zukunft werfen durfte. "Der König und seine Erben", hatte A Bola getitelt, nachdem Bruno Fernandes die Treffer von Rafael Leão (23) und João Félix (23) vorbereitet hatte.

Wider die Ketzerei

Portugals neue Generation ist derart talentiert, dass sich vor der WM fast zwangsläufig die Frage nach der Zukunft von Ronaldo im Team aufgedrängt hatte. Trainer Santos positionierte sich klar. "Ich glaube nicht, dass irgendeine Mannschaft auf der Welt besser spielen kann, wenn ihr bester Spieler nicht dabei ist", sagte der 67-Jährige, der das portugiesische Team bald nach dem Vorrunden-Aus bei der WM 2014 übernommen hatte.

Im Gegensatz zu den älteren Spielern, die Ronaldos Klasse schätzen, aber auch seine Allüren satthaben, verneigt sich die junge Generation noch demonstrativ vor dem Altmeister. "Es ist ein Traum. Seitdem ich ein Kind bin, haben wir alle davon geträumt, gemeinsam mit ihm zu spielen und die Nationalmannschaft zu repräsentieren", sagte Félix über seine erste WM gemeinsam mit Ronaldo.

Hemmschuhe

Scheitern die Portugiesen allerdings wieder frühzeitig, dürfte der Ruf nach dem völligen Umbruch folgen – nach dem Neuanfang ohne Ronaldo, aber wohl auch ohne Santos. Was passiert, wenn man ihn versäumt, hat die Altherrenriege von Uruguay in ihrem ersten Spiel dieser WM angedeutet. Allzeitgrößen wie Rekordspieler Diego Godin (36), Suárez (35), Cavani (35) und Martín Cáceres (35) wirkten gegen Südkorea wie Hemmschuhe für Uruguays Zukunftshoffnungen Federico Valverde, Darwin Núñez und Facundo Pellistri.

Möglich, dass Ronaldo so klug ist, die Wüste zu wählen, bevor man ihn in selbige schickt. (27.11.2022)

Technische Daten und mögliche Aufstellungen:

Gruppe H – 2. Runde:

Portugal – Uruguay
Lusail, Lusail Iconic Stadium, 20 Uhr, live ORF 1, SR Alireza Faghani (IRN)

Portugal: 22 Costa – 20 Cancelo, 3 Pepe, 4 Dias, 5 Guerreiro – 18 Neves, 16 Vitinha, 8 Fernandes, 10 B. Silva – 7 Ronaldo, 11 Felix

Ersatz: 1 Patricio, 12 Sá – 2 Dalot, 19 Mendes, 24 António Silva, 6 Palhinha, 14 William, 17 Mario, 25 Otavio, 23 Nunes, 9 André Silva, 15 Leao, 21 Horta, 26 Ramos

Es fehlt: 13 Danilo (Rippenbrüche)

Fraglich: 19 Mendes (Muskelprobleme), 25 Otavio (angeschlagen)

Uruguay: 23 Rochet – 22 Cáceres, 3 Godin, 2 Giménez, 16 Olivera – 8 Pellistri, 6 Bentancur, 5 Vecino 15 Valverde – 9 Suarez, 11 Nunez

Ersatz: 1 Muslera, 12 Sosa – 13 Valera, 17 Vina, 19 Coates, 26 Rodriguez, 7 De La Cruz, 14 Torreira, 25 Ugarte, 10 De Arrascaeta, 24 Canobbio, 18 Gomez, 20 Torres, 21 Cavani

Es fehlt: 4 Araujo (Muskelverletzung im Oberschenkel)