Der Drang zum Eigenheim auf dem flachen Land hat auch viel mit fehlenden Alternativen zu tun, argumentiert der Autor.

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Andreas Kreutzer, "Das Ende der Maurerkelle. 30 Jahre Wohnbau in Österreich 1990–2020". € 29,70 / 296 Seiten. Collage-Verlag, Wien 2022

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"Es wird zu wenig gebaut", heißt es schon auf dem Umschlag des Buches "Das Ende der Maurerkelle" von Andreas Kreutzer. Das erstaunt in Zeiten eines gerade zu Ende gehenden Wohnbaubooms einigermaßen. Der Autor, geschäftsführender Gesellschafter der Branchenradar.com Marktanalyse GmbH und des Beraternetzwerks Kreutzer Fischer & Partner, erklärt das auf den folgenden 296 Seiten mit der knallharten marktwirtschaftlichen Logik, wonach nur ausreichend Angebot die Preise im Zaum halten könne.

Im Prinzip ja richtig, nur werden in dem ansonsten mit Zahlen gespickten und recht nüchtern argumentierenden Werk wichtige Aspekte wie der Bodenverbrauch allzu rasch beiseitegeschoben. Die Diskussion darüber nennt der Autor "mühsam", und er lässt unverhohlen anklingen, dass so manche Organisation, die seit Jahren auf das Problem hinweist – Österreich ist bekanntlich "Europameister" im Bodenverbrauch –, womöglich nicht rein altruistisch agiert. Nein, der Bodenverbrauch habe sich seit 2010 ohnehin halbiert, das dürfe man nicht so eng sehen. Ein Netto-Null-Verbrauch käme "der Abwrackung eines ganzen Wirtschaftssektors gleich", argumentiert er ganz im Sinne der Bauwirtschaft. Aber wie lange kann das noch gutgehen?

"Viel zu wenig Eigenheime"

Für Kreutzer offenbar noch lange. Weil es in den meisten Ländern sogar eine höhere Eigenheimquote gibt als in Österreich, könne man "mit Fug und Recht" die Meinung vertreten, "dass es in Österreich noch viel zu wenig Eigenheime gibt". Der Wohlstand spräche für eine höhere Quote, dennoch überwiege in Österreich die Wohnung im Mehrparteienhaus. Kreutzer führt das auf unterschiedliche Prägungen in der Zeit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert zurück. In Großbritannien, den Niederlanden und Belgien, den drei Ländern mit den heute höchsten Eigenheimquoten, habe sich für die damals aufkommenden Fabrikarbeiterwohnungen die Reihenhaussiedlung durchgesetzt, in Deutschland und auch in Österreich baute man eher großvolumig.

Dem Autor ist anzurechnen, dass er keine reine Verteidigungsschrift für das Eigenheim verfasst hat, sondern den Finger analytisch in viele Wunden legt. Der Drang zum Eigenheim auf dem flachen Land hat auch viel mit fehlenden Alternativen zu tun, das ist richtig. Die durchschnittliche Geschoßwohnung bietet nur halb so viel Wohnfläche wie das durchschnittliche Eigenheim.

Serielle Massenfertigung

Auch seine Antwort auf die starke Verteuerung der Eigenheime ist einleuchtend: Sie heißt serielle Massenfertigung. Denn die Produktivitätssteigerung im Bausektor ließ in den vergangenen Jahrzehnten, verglichen mit anderen Sektoren, viel zu wünschen übrig. "Individuell planen und handwerklich produzieren", so laute seit Jahrzehnten das Credo im österreichischen Wohnbau. Man baue stets nur teure Einzelstücke, nämlich mit der titelgebenden Maurerkelle direkt auf der Baustelle, mit dürftigen Resultaten. Das Zauberwort heißt für Kreutzer also Skalierung, diese könnte enorm zum leistbaren Wohnen beitragen; kaum ein Fertigteilhersteller baue von einem Modell mehr als 300 Stück im Jahr.

Ein in einer Losgröße von 3500 Stück schlüsselfertig vorfabriziertes Eigenheim würde so in etwa 120.000 Euro kosten, rechnet Kreutzer vor. Den logischen Schluss, dass die anderswo als Normbauweise praktizierten Reihenhaussiedlungen die Lösung wären, sowohl was die mangelnde Produktivität als auch was den überbordenden Bodenverbrauch betrifft, überlässt Kreutzer dann allerdings nobel dem Leser, der Leserin. (Martin Putschögl, 6.12.2022)