Das eindrucksvolle Library and Learning Center gilt als "Herzstück" des Campus WU. Es wurde von der irakisch-britischen Stararchitektin Zaha Hadid (gestorben 2016) entworfen, im Wintersemester 2013/14 eröffnet und bietet 1.500 studentischen Arbeitsplätze.

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WU-Uniratsvorsitzende Cattina Maria Leitner hofft auf eine baldige Beruhigung der Situation und erinnert an die bisherige gute Zusammenarbeit zwischen den universitären Führungsgremien an der WU.

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Rupert Sausgruber (54) ist seit 2013 Professor für Public Economics an der WU Wien und seit 2018 Vorstand des Departments für Volkswirtschaft. Im Oktober 2024 wird er das Amt als Rektor antreten.

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Die Wahl des neuen Rektors der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien sorgt – zumindest in Teilen der WU – für etwas Unmut. Der Universitätsrat hat am Montag aus dem vom Senat übermittelten Dreiervorschlag den dort zweitgereihten Wirtschaftswissenschafter Rupert Sausgruber, der an der WU Vorstand des Departments für Volkswirtschaft ist, zum Nachfolger von Rektorin Edeltraud Hanappi-Egger gewählt. Sie hat nach zwei Perioden nicht mehr kandidiert. Amtsübergabe ist im Oktober 2024.

Der vom Senat erstgereihte WU-Professor Michael Meyer, also der Wunschkandidat des uniinternen Organs, in dem Professorenschaft, Mittelbau und Studierende vertreten sind, kam nicht zum Zug. Meyer leitet das Institut für Nonprofit-Management und war bereits unter Ex-WU-Rektor Christoph Badelt von 2011 bis 2015 Vizerektor für Personal.

Senat beklagt Bruch mit der "bislang gelebten WU-Kultur"

Am Mittwochvormittag wurde dann in einem Schreiben des Senats an Angestellte der WU kritisiert, dass die "einstimmige Empfehlung des Senats bezüglich der auszuwählenden Person kommentarlos übergangen wurde". Das sei ein "beispielloser Bruch mit der bislang gelebten WU-Kultur" und schade "der WU und dem gewählten Kandidaten, der mit etwas belastet wird, wofür er nichts kann".

Tatsächlich hatte der Senat einen gereihten Dreiervorschlag übermittelt. Wobei die Reihung gesetzlich nicht vorgeschrieben, vor allem aber für den Unirat, laut Unigesetz ein "begleitendes und vorausschauendes Aufsichtsorgan", nicht bindend ist. Dessen Mitglieder wählen den Rektor oder die Rektorin "geheim und durch persönliche Stimmabgabe", sind also auch nicht zur öffentlichen Rechenschaft verpflichtet. Die Regeln der Wahl werden klar durch das Unigesetz vorgegeben.

Auf STANDARD-Anfrage weist die Vorsitzende des Unirats an der WU, die Rechtsanwältin Cattina Maria Leitner, den Vorwurf des "Traditionsbruchs" bei der jetzigen Rektorswahl zurück. "Das war kein 'Traditionsbruch'. Es gab an der WU nach dem Unigesetz 2002 bisher zwei Rektorswahlverfahren, zuletzt 2015 bei Edeltraud Hanappi-Egger ohne Reihung des Dreiervorschlags."

Rechtsanwältin Cattina Maria Leitner ist Vorsitzende des Unirats der WU Wien.
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Komplexes Wahlverfahren

Das UG sehe ein "komplexes Wahlverfahren" vor, in dem der Senat nach der Findungskommission einen Dreiervorschlag erstellt, aus dem der Universitätsrat zu wählen hat. "Es kann also niemand Rektor oder Rektorin einer Universität werden, der nicht vom Senat akzeptiert wäre", betont Leitner und ergänzt: "Eine Reihung des Wahlvorschlags der Kandidatinnen und Kandidaten durch den Senat ist weder im Gesetz noch in der Wahlordnung der WU vorgesehen, aber trotzdem zulässig."

So eine Reihung hat der WU-Senat dieses Mal vorgenommen. Allerdings verweist die Anwältin und Uniratsvorsitzende auf die grundsätzlich freie Entscheidung der Uniratsmitglieder: "Eine Bindung an die Reihung würde den gesetzlich vorgesehenen Dreiervorschlag zu einem 'Einervorschlag' machen, und es gäbe keine Wahl zwischen verschiedenen Möglichkeiten und eigentlich keine Zuständigkeit des Universitätsrats mehr. Der Senat würde damit den Rektor alleine bestellen, was so nicht vorgesehen ist." Bleibe also folgende Ausgangslage: "Der Senat darf reihen, der Universitätsrat wählt, da macht kein Gremium etwas falsch."

Es gab auch schon "Einervorschläge" zur Wahl

Es gab übrigens auch schon "echte" Einervorschläge. Wissenschaftsminister Martin Polaschek etwa wurde bei seiner Wahl zum Rektor der Uni Graz als einziger Kandidat auf der Liste des Senats an den Unirat übermittelt – und von diesem auch akzeptiert. Das Aufsichtsgremium hätte den Einervorschlag aber auch zurückweisen und den Unileitungsposten neu ausschreiben lassen können.

Zu den nun aufgetauchten Unstimmigkeiten rund um die aktuelle Rektorswahl an der WU sagt Leitner: "Es gab drei hervorragende Kandidaten – ich bedaure dabei sehr, dass keine Frau dabei war; diese drei wurden gemeinsam von je zwei Mitgliedern aus dem Universitätsrat und dem Senats plus einem gemeinsam hereingeholten Mitglied in der sogenannten Findungskommission dem Senat vorgeschlagen und von diesem an den Universitätsrat weitergegeben, aber gereiht. Ich kann mir also beim besten Willen nicht vorstellen, dass am vom Senat Zweitgereihten ernsthafte Zweifel bestehen könnten."

Zum neuen Rektor, der ebenfalls an der WU lehrt und forscht, sagt die Uniratsvorsitzende: "Professor Sausgruber hat für die WU ein strategisches Programm präsentiert, das Maßnahmen und Umsetzungsvorschläge beinhaltet, die gewährleisten, dass die Leitung der WU mit ihrem hohen Potenzial bei ihm in besten Händen liegt." Seine Wahl sei im Unirat denn auch einstimmig erfolgt.

Der Wirtschaftswissenschafter Rupert Sausgruber wird ab Oktober 2024 neuer Rektor der WU Wien.
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Uniratsvorsitzende setzt auf persönliche Gespräche

Wie geht es nun weiter? Uniratschefin Leitner hofft im Interesse des "Wohls und Ansehens der WU", dass "bald wieder konstruktive Ruhe und ein guter Weg des Miteinander einkehren. Dazu braucht es Gespräche, die ich dem Senat angeboten habe." Es werde einen Prozess brauchen, in dem vor allem persönliche Face-to-face-Gespräche stattfinden und für die sie sich auch einsetzen werde, sagte Leitner. Dennoch ist sie optimistisch ist, dass sich die Lage wieder beruhigen wird, denn: "Die Zusammenarbeit zwischen Senat und Universitätsrat war an der WU bisher ausgezeichnet, auch in der gemeinsamen Gestaltung des nunmehrigen Rektoratswahlverfahrens." Gemeint sei damit der Ablauf, also zum Beispiel die Formulierung des Ausschreibungstexts, die Abhaltung von Hearings und Aussprachen durch die gemeinsame Findungskommission, aber auch Koordination von Aussendungen etc.

Der neu gewählte Rektor Sausgruber sagte auf STANDARD-Anfrage, er wolle "aktuell – und noch vor dem offiziellen Amtsantritt – aus Respekt gegenüber den beteiligten Personen und Gremien keine Stellungnahme abgeben". (Lisa Nimmervoll, 15.12.2022)