Es ist vollbracht.

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"Das Herz spricht nicht, aber es ahnt voraus", sagen die Argentinier. Sie haben es geahnt, sie haben sich danach gesehnt, dass Lionel Andrés Messi Cuccittini im Finale der WM zu Katar die Vollendung der größten Karriere gelingt, die der Fußball je gesehen hat. In seinem 1003. Pflichtspiel sicherte sich der hochbegabt Höchstdekorierte auch noch den letzten Titel, der ihm möglich war. Mit seinem 792. und 793. Pflichtspieltor öffnete Messi Argentinien höchstselbst die Tür zum dritten Triumph nach 1978 und 1986.

Jetzt kann Messi mit seinen 35 Jahren eine Karriere auslaufen lassen, die so richtig begonnen hatte, als der Bursche aus Rosario, Argentinien, mit 13 Jahren nach Barcelona kam. Er war damals schon ein begnadeter Fußballer, aber wegen Wachstumsstörungen mit 1,40 Meter Höhe deutlich zu kurz geraten. Sein Klub Newell’s Old Boys wollte sich die Behandlungskosten von monatlich 900 Dollar für das Ausnahmetalent nicht leisten, der FC Barcelona aber schon. Der erste Vertrag, vom legendären Jugendförderer Carles Rexach auf einer Serviette aufgesetzt, brachte ihm 600 Euro im Monat ein.

Aktuell kassiert Messi, auf 1,69 gewachsen und sechsmaliger Weltfußballer, an die 40 Millionen pro Jahr bei Paris Saint-Germain, das mit ihm wie selbstverständlich Meister wurde.

VIDEO – Ausnahmezustand in Messis Heimat: Nach dem Sieg im WM-Finale gegen Frankreich feiern die argentinischen Fans bis in den Morgen.
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Der göttliche Floh

Gar 35 Titel hat der FC Barcelona mit Messi geholt, 634 Tore schoss er in 731 Pflichtspielen für die Katalanen. Und dennoch passt sein Spitzname, "La Pulga", der Floh, noch immer besser zu ihm als die Vergöttlichung, die ihm in all den Jahren zuteilwurde. Seine durchaus ausbaufähige Steuermoral und die vergleichsweise geringere Leidenschaft für die katalanische Unabhängigkeit haben ihm die Fans locker verziehen. Das gut abgeschirmte Privatleben mit seiner gleichaltrigen Jugendliebe Antonella Roccuzzo und den drei Söhnen Thiago (9), Mateo (6) und Ciro (4) untermauert nur die Geschichte vom netten Kerl, dem eine fast unheimliche Gabe mitgegeben wurde.

Sie reicht noch locker aus, um Paris Saint-Germain und den katarischen Geldgebern endlich die ersehnte Champions League zu besorgen. Dass er mit der Albiceleste, dem Nationalteam seines Geburtslandes, erst die Copa América und nun auch noch die Weltmeisterschaft gewinnen könnte, hat er vielleicht selbst nicht mehr geglaubt. In seinem 26. WM-Spiel stellte sich der diesbezügliche Weltrekordler nun auf eine Stufe mit Diego Maradona. Selbst behaupten würde ein Messi das nie. (Sigi Lützow, 18.12.2022)