Bei den Finanzausgleichsverhandlungen, die diese Woche gestartet sind, darf es kein Tabu geben. Die Gespräche zwischen Bund, Ländern und Gemeinden bieten im Gesundheitssystem die Chance auf tiefgreifende Veränderungen, die es dringend braucht. Wie dringend, zeigt sich derzeit gefühlt täglich in den Schlagzeilen über Engpässe an Spitalsabteilungen. Insbesondere der Pflegemangel bereitet enorme Probleme. Zugleich tun sich Lücken im niedergelassenen Bereich auf, der eigentlich die Krankenhäuser entlasten sollte. Und der Bedarf an Gesundheitsversorgung wird allein aufgrund der demografischen Entwicklung weiter wachsen.

Selbst Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) warnte in einer STANDARD-Debatte davor, dass "alles gegen die Wand gefahren" werde, wenn keine strukturellen Veränderungen und Reformen gelängen. Dazu muss man sich vor Augen halten, wie das Gesundheitssystem aufgebaut ist: Grob gesagt ist der Bund für allgemeine Gesundheitspolitik zuständig, die Sozialversicherung für den niedergelassenen Sektor, Medikamente und Reha, die Länder für Spitäler und Pflege.

Bei den Finanzausgleichsverhandlungen, die diese Woche gestartet sind, darf es kein Tabu geben.
Foto: APA/TOBIAS STEINMAURER

Dieses Werkl rennt nicht rund: Das Hauptaugenmerk sollte auf der qualitätsvollen, effizienten Versorgung von Patientinnen und Patienten liegen. Stattdessen wird ständig darauf geschielt, wo die Kosten anfallen. So kommt es, dass Spitäler Behandlungen übernehmen, die auch in einer Arztpraxis möglich wären, oder dass Kassenverträge zwar attraktiviert werden sollen, große Würfe dafür aber seit Jahren fehlen.

Die Bundesländer schlagen nun einen eigenen Topf für Spitalsambulanzen, Primärversorgungszentren und Ähnliches vor. Für Minister Rauch ist das zumindest "bemerkenswert". Der Wille, das "Pingpong" (Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker, SPÖ) zwischen den Sektoren zu beenden, existiert offenbar. Es ist allerhöchste Zeit, zur Tat zu schreiten. (Gudrun Springer, 21.12.2022)