Je 100 Straßenbahnfahrerinnen und Buslenker fehlen den Wiener Linien.

Foto: Wiener Linien/Helmer

Um zwei Minuten sollen die Intervalle bei den Wiener Linien ab Montag im Schnitt verlängert werden – auf weniger frequentierten Strecken der Straßenbahnen und Busse, nicht bei der U-Bahn und nicht zu Stoßzeiten. Dadurch soll die seit Monaten angespannte Personalsituation vorübergehend entlastet und das Öffi-Netz stabiler werden.

In Wien ist man in Bezug auf die Taktung verwöhnt – zumindest dann, wenn man nicht gerade am Stadtrand wohnt. Da muss man gar nicht den internationalen Vergleich anstellen, da reicht ein Blick in die anderen Städte Österreichs, um zu sehen: Die Intervalle in Wien sind dicht. Zu dicht, wenn gleichzeitig 100 Buslenkerinnen und ebenso viele Straßenbahnfahrer fehlen. Werden zusätzlich Personen krank, fallen auch Züge und Busse aus. Dann muss man warten – auch auf die U-Bahn. Das ärgert. Denn selbst wenn man weiß, dass man verwöhnt ist, will man es auch bleiben – zu jeder Tages- und Nachtzeit.

Die Verlängerung der Intervalle ist die logische Konsequenz aus dem Personalmangel, es ist gut, dass die Wiener Linien diese ziehen. Besser, es gibt geplant längere Wartezeiten auf bestimmten Strecken, als sie kommen im ganzen Netz überraschend.

Spätestens im Herbst sollen die Öffis in der Bundeshauptstadt wieder in gewohnten Intervallen unterwegs sein. Dafür starten die Wiener Linien ihre Ausbildungsoffensive und versuchen den Job im Fahrdienst attraktiver zu gestalten – etwa durch weitere Zuschläge für unbeliebte Dienstzeiten und Überstunden.

Längerfristig müssen Karrieren in der öffentlichen Infrastruktur allgemein ansprechender gestaltet werden. Das betrifft nicht nur Bim-Fahrerinnen und Buslenker, sondern beispielsweise auch die Arbeit bei der Müllabfuhr. Über beinahe alle Branchen hinweg suchen Arbeitgebende derzeit Mitarbeitende – die Alternativen sind groß. Gerade den Personen in der kritischen Infrastruktur, also Menschen, die Österreich am Laufen halten, hat man in der Pandemie zugejubelt. Dem müssen auch Taten folgen. Sie brauchen garantierte Kinderbetreuungsangebote und Ganztagsschulplätze für ihren Nachwuchs, für die sie nach einer Doppelschicht nicht auch noch durch die ganze Stadt tuckern müssen. Zudem fehlen flexible, leistbare Wohnungsangebote für Pendelnde, damit sie ihre Arbeitszeiten blocken können.

Denn wenn der Bus gar nicht mehr kommt, der Müll nicht mehr abgeholt wird und die Kanalisation nicht mehr funktioniert, dann ärgert das weit mehr, als wenn man zwei Minuten länger auf die Straßenbahn wartet. (Oona Kroisleitner, 5.1.2023)