Können Sie sich noch an die Schachgeschichte erinnern, die in den letzten Monaten des Vorjahres wochenlang für Schlagzeilen gesorgt hat? Klar, das war die Geschichte um die von Weltmeister Magnus Carlsen geäußerten Betrugsvorwürfe gegen Senkrechtstarter Hans Niemann. In dieser Causa ist es ziemlich ruhig geworden, es bleibt abzuwarten, ob sie noch etwas zu bieten hat.

Bei der Blitz- und Schnellschach-WM in Almaty trug Carlsen kürzlich beide Titel davon, der Norweger ist nun Weltmeister aller Klassen. Niemann war quasi nirgends. Doch nicht nur für den US-Amerikaner, sondern auch für eine breite Öffentlichkeit waren die Titelkämpfe eine große Enttäuschung. Der Iran, der seine Spieler nötigte, Partien gegen Israelis zu boykottieren, lebte so wieder einmal ganz offen Antisemitismus aus. Doch während er nach ähnlichen Fällen im Judo eine vierjährige Sperre kassierte, hat er im Schachsport kaum etwas zu befürchten. Grund ist das russisch-iranische Naheverhältnis samt der Tatsache, dass der Weltverband (Fide) vom Putin-Vertrauten Arkadi Dworkowitsch geführt wird.

Enttäuschend ist nicht zuletzt das Verhalten des Champions. Im Herbst hatte er getönt, mit dem bösen Hans Niemann werde er sich nie wieder an einen Tisch setzen. Doch als nun, praktisch unmittelbar neben ihm, Antisemitismus zutage trat, war von Magnus Carlsen nichts zu hören. (Fritz Neumann, 10.1.2023)